Beck zieht über Müntefering her
Archivmeldung vom 22.09.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakAn diesem Donnerstag kommt die Biografie von Kurt Beck auf den Markt. In dieser berichtet er erstmals detailliert über die Umstände seines Rücktritts vor zwei Wochen.
Kurt Beck, ehemaliger SPD-Vorsitzender und allem Anschein nach, unversöhnlich, schlägt zurück. In seiner Biografie, die am Donners- tag auf den Markt kommt, greift er seinen Vorgänger und Nachfolger, Franz Müntefering an. Er schreibt über Münte:" Unser Politikstil, die Art, Machtfragen zu klären, sind schwer ver- einbar." Ob Kurt Beck sich und der SPD mit seinem Nachtreten einen Gefallen tut, ist fraglich.
Ob Kurt Beck gut beraten ist, daran darf man getrost zweifeln. Nachtreten gehört - obwohl in der Politik nicht selten - nicht zum guten Stil und wird auch von den Wählern nicht goutiert. Beck hat verloren - Münte und Steinmeier haben gewonnen; und gut ist. Das sollte Kurt Beck akzeptieren, so schmerzhaft das für ihn auch war, zumal, wenn man die Umstände beachtet unter denen das geschehen ist.
Dort Kurt Beck ist nicht der erste und einzige Politiker, der über eine Intrige gestolpert ist. Intrigen sind nicht schön, aber systemim- manent, heißt: Sie gehören dazu. Ein Profi weiß das und akzeptiert das. Was Beck da seit Wochen treibt, kann der SPD nicht recht sein und wird ihr noch weniger nutzen.
Die Öffentlichkeit, die Beck sucht um sich als Opfer darzustellen, hat genug gehört. Und Mitleid ist nichts, wonach ein Politiker streben sollte. Niemand hat ihn schließlich gezwun- gen, SPD-Vorsitzender zu werden. Man kann verlieren, das ist nicht schlimm - aber bitte mit Stil.
In seinem neuen Buch hat der zurückge- tretene SPD-Chef Kurt Beck seinem desig- nierten Nachfolger Franz Müntefering vorge- worfen, die Partei in der Großen Koalition nicht scharf genug zu positionieren. Zugleich räumt der rheinland - pfälzische Minister- präsident in seiner Biografie auch eigene Fehler ein.
Als möglichen Beteiligten an der Intrige, die er als Grund für seinen Rücktritt anführte, nennt Beck auch den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder. Über Müntefering schreibt der zurückgetretene Parteichef: "Unser Ver- hältnis ist natürlich nicht unproblematisch. Unser Politikstil, die Art, Machtfragen zu klären, sind schwer vereinbar. In der Zeit, als Franz Müntefering Vizekanzler war und ich die Partei führte, resultierten gewisse Schwierig- keiten daher, dass er sehr darauf bedacht war, sich in der Bandbreite des Koalitions- vertrags zu bewegen. Es war schwierig, mit ihm Perspektiven zu erarbeiten, die darüber hinausreichten."
Auch wirft Beck Müntefering vor, die Partei nicht scharf genug gegen die CDU abzu- grenzen. Müntefering habe kein Interesse an lang- fristiger strategischer Planung gehabt: "Perspektiven, die über die Zeit der Großen Koalition hinausreichen, hielt er zum damal- igen Zeitpunkt nicht für angemessen. Oder er fand es besser, nicht darüber zu reden."
Erstmals äußert sich Beck in dem Buch aus- führlich über die näheren Umstände seines Rücktritts. Seine Entscheidung begründet er erneut damit, dass Parteifreunde die Nominierung von Frank-Walter Steinmeier zum Kanzlerkandidaten bei der SPD-Klausur benutzt hätten, um ihn als Mann dazustellen, der von Steinmeier bedrängt worden sei.
"ARD und ZDF berichteten diese vermeint- lichen Hintergründe mit großem Nachdruck und mit Einzelheiten, die neben Beteiligten auch auf Gerhard Schröder verwiesen. Es war also klar, die gezielten Angriffe auf mich und meine Arbeit würden nicht nur fortgesetzt, es kam nun der Verdacht eines Bruchs der Vertraulichkeit hinzu, den ich gegen das un- mittelbare Umfeld der Beteiligten hege", schreibt Beck.
Seinen Rücktritt begründet Kurt Beck mit seiner unverwechselbaren Art: Wäre er ge- blieben, hätte er den Anschein erweckt, "um den Preis der Selbstverleugnung am Stuhl des Vorsitzenden zu kleben".