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Historiker kritisiert Abwicklung der Stasiunterlagen-Behörde

Archivmeldung vom 16.06.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Die Vergangenheit kehrt zurück: Linksradikale Antonio-Amadeu-Stiftung beschäftigt heute noch eine Stasi-Mitarbeiterin aus DDR Zeiten, die die Bundesregierung, Schulen und Kindergärten berät.
Die Vergangenheit kehrt zurück: Linksradikale Antonio-Amadeu-Stiftung beschäftigt heute noch eine Stasi-Mitarbeiterin aus DDR Zeiten, die die Bundesregierung, Schulen und Kindergärten berät.

Bild: Wikimania /Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0

Der Historiker Hubertus Knabe kritisiert die Abwicklung der Stasiunterlagen-Behörde (BStU) und zieht eine bittere Bilanz nach 30 Jahren Arbeit der BStU. "Am 17. Juni wird die Stasi-Unterlagen-Behörde geschlossen. Ausgerechnet am Jahrestag des DDR-Volksaufstandes wird die weltweit größte Einrichtung zur Vergangenheitsbewältigung aufgelöst", schreibt er in einem Gastbeitrag für die "Bild".

So hätten es CDU, CSU, SPD und FDP beschlossen. "Das Ende der Behörde ist kein Ruhmesblatt für die Politik." Die Schaffung einer solchen staatlichen Einrichtung zur Aufarbeitung eines Unrechtsstaats sei durchaus historisch gewesen, so Knabe: "Das vor 30 Jahren geschaffene Amt war für viele Länder ein Vorbild." Es habe gezeigt, dass die Akten einer Geheimpolizei nicht jahrzehntelang unter Verschluss gehalten werden müssten.

"Vor allem unter Joachim Gauck, dem ersten Chef, wurden an vielen Schaltstellen ehemalige Spitzel enttarnt." Rund drei Milliarden Euro Steuergelder seien in die Behörde geflossen, schreibt Knabe, der als langjähriger Leiter der Gedenkstätte Berllin-Hohenschönhausen eng mit der BStU vertraut ist. Das Geld sei gut angelegt gewesen, so Knabe. "Für die Opfer des SED-Staates hat sich die Einrichtung auf jeden Fall gelohnt. Denn nur mit Hilfe der Akten konnten sie beweisen, wie die Stasi sie drangsaliert hatte." In über 500.000 Rehabilitierungsverfahren hätten die Unterlagen Verwendung gefunden. "Insgesamt gab es 3,5 Millionen Anträge auf persönliche Akteneinsicht." Ohne die Behörde hätte auch kein Verantwortlicher vor Gericht gestellt werden können, so der Historiker. "So aber konnten rund 75.000 Ermittlungsverfahren eingeleitet werden. Dass am Ende nur 40 Beschuldigte ins Gefängnis mussten, lag am Unwillen von Politik und Justiz, das SED-Unrecht stärker zu sühnen." Auch den Stasi-Seilschaften im Osten sei der Boden entzogen worden. "Nach 2,3 Millionen Überprüfungen spielen die Tschekisten - anders als in Russland - keine Rolle mehr. Dass in manchen Parlamenten immer noch ehemalige Spitzel sitzen, liegt daran, dass dies nie verboten wurde."

Viele der über 600.000 Informanten seien allerdings bis heute nicht enttarnt. "Anders als in Tschechien gibt es kein Register, wo jeder nachschauen kann, ob jemand bei der Stasi war. Verhindert haben das die Datenschützer." Bleibt noch die Frage, warum die Behörde dichtgemacht wurde, schreibt Knabe. Seine Antwort: "Vordergründig, weil dessen Chef es so wollte. Roland Jahn wollte schlicht der letzte Stasi-Akten-Beauftragte sein." Zu entscheiden darüber hatte jedoch der Bundestag. "SPD und Linke waren dort schon lange der Ansicht, dass das Amt überflüssig sei. Union und FDP schlossen sich dem schließlich an." Vor allem an den hohen Kosten hätten sich viele Abgeordnete gestört. "An den Ausgaben wird sich freilich wenig ändern. Akten, Personal und Gebäude gehen nämlich eins zu eins ins Bundesarchiv über." Auch der komplizierte - und deshalb teure - Aktenzugang bleibe gleich. "So ist die Auflösung der Behörde vor allem ein symbolischer Schritt. Eine Epoche geht damit zu Ende."

Quelle: dts Nachrichtenagentur


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