Ex-Verfassungsrichter: Keine Rechtsbedenken bei Schulden-Vorhaben
Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält es für verfassungsgemäß, eine Änderung der Schuldenregeln im Grundgesetz vom noch amtierenden Bundestag beschließen zu lassen. "Juristisch habe ich überhaupt keine Bedenken, wenn eine Reform der Schuldenbremse mit den alten Mehrheiten beschlossen wird", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
"Ob das politisch vertretbar ist und wie das beim Wahlvolk ankommt,
steht auf einem anderen Blatt." Papier verwies auf Artikel 39 des
Grundgesetzes, wonach die Wahlperiode mit dem Zusammentritt eines neuen
Bundestages endet. "Der jetzt amtierende Bundestag ist also noch in
vollem Umfang demokratisch legitimiert", sagte er.
Der
Verfassungsjurist attestierte der Union einen "eklatanten Sinneswandel"
beim Thema Schuldenbremse, der sich aber rechtfertigen lasse, weil sich
die verteidigungspolitische Situation "gerade in den letzten Tagen
nochmals dramatisch verändert" habe. Eine Erhöhung der
Verteidigungsausgaben sei auch verfassungsrechtlich dringend geboten.
"Das Grundgesetz verlangt eine wirksame Landesverteidigung. Dagegen
verstößt die Politik seit Jahren massiv", kritisierte Papier.
Beim
verabredeten Sondervermögen für Infrastruktur werde "die politische
Rechtfertigung besonders schwierig", gab der ehemals höchste Richter
Deutschlands zu bedenken. "Dem riesigen Nachholbedarf bei der
Infrastruktur hätte man deutlich früher begegnen müssen. Wir haben es
seit Jahren mit einem enormen Staatsversagen zu tun."
Landesverteidigung
und Infrastruktur seien in den vergangenen Jahren "leider
vernachlässigt worden für alle möglichen Dinge", bemängelte Papier. "Das
rächt sich jetzt. Deshalb sollen wir diese atemberaubenden
Ermächtigungen zum Schuldenmachen ins Grundgesetz nehmen. Möglicherweise
ist das unumgänglich, aber kritisch ist es schon."
Die Regeln,
die jetzt auf den Weg gebracht würden, "verstoßen eklatant gegen die
Grundsätze der Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit". Die
neuen Schulden brächten enorme Belastungen für mehrere Generationen mit
sich. "Sondervermögen verleiten zu uferlosen Ausgaben und zu einer
Aufblähung des Staatsapparats."
Quelle: dts Nachrichtenagentur