Neue Wirtschaftsweise: GroKo verspielt mit Reformen das Erreichte
Archivmeldung vom 12.05.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDas künftige Mitglied im Sachverständigenrat, Isabel Schnabel, kritisiert die Reformen der Großen Koalition: "Es ist bedauernswert, dass das Erreichte gerade verspielt wird", sagte die Mainzer Wirtschaftswissenschaftlerin dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe) mit Blick auf die Erfolge der Agenda 2010 des ehemaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD), die einen "großen Anteil daran hat, dass Deutschland heute wirtschaftlich so stark dasteht".
Vor allem die Rentenpläne der Regierung setzten aus Sicht Schnabels "falsche Signale". "Wir leben immer länger und daher muss das Renteneintrittsalter eher steigen als sinken. In den letzten Jahrzehnten ist hier vieles erreicht worden, was jetzt wieder zurückgedreht wird. Das kann man nur mit wahltaktischem Verhalten begründen", so die Finanzexpertin.
Kritisch sieht Schnabel auch die politischen Bemühungen, mit einer Fusion der Industriekonzerne Siemens und Alstom, einen europäischen Champion zu formen. "Ich bin generell keine Anhängerin einer Industriepolitik, die versucht, Champions zu identifizieren. Der Staat ist nicht gerade dafür bekannt, ein guter Unternehmer zu sein", sagte Schnabel. Und sie ergänzte: "Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs ist ein hinreichend abschreckendes Beispiel."
Positiv beurteilt Schnabel das Krisenmanagement der Europäischen Zentralbank (EZB). "Die Ankündigung von EZB-Präsident Mario Draghi, notfalls Staatsanleihen in unbegrenztem Umfang zu kaufen, war zum damaligen Zeitpunkt notwendig. Meines Erachtens gab es keine andere Möglichkeit, die Krise in den Griff zu bekommen", sagte Schnabel.
Auch weitere Aktionen der EZB hält sie für wünschenswert, sollte sich die Krise zuspitzen. "Wenn es zu einer Deflation kommt, kann dies sehr gefährlich werden. Das muss und wird die EZB im Auge haben, und sie muss notfalls auch weitere unkonventionelle Maßnahmen ergreifen", so Schnabel.
Für das Klagen der Banken über die verschärfte Regulierung hat Schnabel keinerlei Verständnis. "Angesichts der sehr schweren Finanzkrise dürfen die Banken sich nicht beschweren. Die Regulierung ist absolut notwendig", sagte sie. Schnabel forderte in diesem Zusammenhang noch höhere Eigenkapitalrichtlinien für die Finanzinstitute.
Quelle: dts Nachrichtenagentur