Georg Milbradt kritisiert EU-Politik
Archivmeldung vom 30.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSachsens Ministerpräsident Georg Milbradt hat die auf Wachstum ausgerichtete EU-Politik kritisiert. Sie passe nicht zu den Regionen, deren Bevölkerung schrumpft, sagte der 61-Jährige dem Tagesspiegel am Sonntag. "Die EU gibt Geld zur Förderung beispielsweise des Wohnungsbaus, aber wir in Sachsen reißen Wohnungen ab - weil sie leer stehen", erklärte Milbradt.
So seien auch die
Indikatoren für den Erfolg des Einsatzes von EU-Fördermitteln
unbrauchbar für Regionen mit abnehmender Bevölkerung. Dabei gehe es
"nicht darum, dass wir weniger Geld bekommen - sondern dass wir Geld
bekommen, das nicht hilft." Es werde in die Infrastruktur investiert,
in Straßen und Flughäfen, in Schulen. Das erzeuge hohe Folgekosten.
"Rückbau von Infrastruktur kostet Geld, für das es keine Förderung
gibt. Und bei schrumpfender Bevölkerung brauchen wir in manchen
Regionen diese zusätzliche Infrastruktur gar nicht. Wer heute ein
Schwimmbad baut, sollte daran denken, ob in fünfzehn Jahren noch
jemand darin schwimmt", sagte der CDU-Politiker.
Dabei dürfe man in schrumpfenden Regionen nicht einfach im gleichen
Verhältnis zum Bevölkerungsrückgang die öffentlichen Dienstleistungen
kürzen. "Wird hier zuviel gestrichen, dann nimmt die Abwanderung zu.
Und das ist dann ein Teufelskreis." Vieles ließe sich lernen von den
schon immer nur dünn besiedelten skandinavischen Ländern. "Aber wir
müssen uns darum kümmern, von alleine passiert nichts. Das Altern der
Gesellschaft wird in Brüssel aber erst jetzt wirklich als zentrale
Herausforderung erkannt."
Die Regionen im Osten Deutschlands und Europas seien nur die Pioniere
bei Alterung und Rückgang der Bevölkerung. "Es ist eine Frage der
Zeit, bis auch die übrigen EU-Länder vom demografischen Wandel
erfasst werden. Darauf müssen wir uns alle gemeinsam einstellen - und
zwar rechtzeitig. Also jetzt", sagte Milbradt.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel