Scharfe Kritik an Verfassungsbeschwerde gegen Soli: DGB wirft FDP "Reichtumspflege" vor
Archivmeldung vom 28.08.2020
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Freigeschaltet durch André OttMitten in der Corona-Krise ist der Streit um den Solidaritätszuschlag neu entflammt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) reagierte mit scharfer Kritik auf eine Verfassungsbeschwerde, mit der FDP-Abgeordnete eine völlige Abschaffung des Zuschlags durchsetzen wollen.
DGB-Vorstand Stefan Körzell sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ): "Wer inhaltlich nichts zu bieten hat, klagt vor dem Verfassungsgericht, um die Reichtumspflege weiterzuentwickeln. Es ist wirklich besser, dass die FDP nicht regiert."
Körzell betonte, schon die für Anfang 2021 beschlossene Teil-Abschaffung des Soli entlaste vor allem Gutverdiener. Eine Komplett-Abschaffung wäre nach seinen Worten ein weiteres Milliardengeschenk, und zwar "an das reichste Zehntel der Gesellschaft". Das Geld werde vom Staat aber viel dringender benötigt - "um die Krise zu bewältigen, um gleichwertige Lebensverhältnisse im Bundesgebiet zu schaffen, für bessere Bildung und den Ausbau der digitalen Infrastruktur".
Der Soli in Höhe von 5,5 Prozent der Körperschaft- und Einkommensteuer war nach der Wende als Sondersteuer vor allem für den Aufbau Ost eingeführt worden. Der Zuschlag soll nach den Plänen der Großen Koalition Anfang 2021 abgeschafft werden - aber nur für rund 90 Prozent der Zahler.
Überzeugender wäre es nach Auffassung von Ifo-Chef Clemens Fuest gewesen, "den Solidaritätszuschlag ganz abzuschaffen und dann einen neuen Zuschlag für die 10 Prozent mit den höchsten Einkommen einzuführen". Fuest sagte der NOZ: "Politisch hätte man diesen Zuschlag dann mit einem anderen Argument als dem begründen müssen, dass die deutsche Einheit zu finanzieren ist. Man hätte sagen können, dass man mehr umverteilen will. Das wäre ehrlich gewesen, aber ob es dafür Mehrheiten gegeben hätte, ist eine offene Frage."
Fuest fügte hinzu, aus ökonomischer Sicht sei Glaubwürdigkeit staatlicher Ankündigungen wichtig, "weil bei einem Verlust von Glaubwürdigkeit die künftigen Handlungsmöglichkeiten des Staates eingeschränkt werden".
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)