Verfassungsrechtler: Impfpflicht trotz Omikron verhältnismäßig
Archivmeldung vom 13.01.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Bielefelder Verfassungsrechtler Franz Mayer widerspricht Einschätzungen, wonach eine Impfpflicht wegen der Omikron-Variante des Coronavirus nicht mehr verhältnismäßig sein könnte. "Eine allgemeine Impfpflicht kann durchaus verfassungskonform ausgestaltet werden", sagte der Jurist "Zeit-Online".
Wenn ein relevanter Prozentsatz der Bürger einen Schutzmehrwert habe, vor Infektion, vor schweren Verläufen, dann sei die Impfung trotz Omikron nicht sinnlos. "Dann hängt die Verhältnismäßigkeit davon ab, dass es kein milderes, gleich wirksames Mittel als die Impfpflicht gibt für die erforderliche Immunisierung." Eine Alternative zur Impfpflicht, die die öffentliche Gesundheit mehr schützt, sieht Mayer, der auch die Bundesregierung und den Bundestag als Experte berät, aktuell nicht.
Zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine allgemeine Impfpflicht, die Teile der Regierungspartei FDP und Verfassungsrechtler wie Hans-Jürgen Papier vortragen, sagte Mayer: "Hinter dem Verfassungsrecht kann man sich hier nicht verstecken. Bisher hat das Verfassungsgericht der Politik in der Coronakrise große Spielräume eingeräumt." Die Politik müsse "in unsicheren Zeiten wie diesen also eine Entscheidung selber treffen, und dies dann auch verantworten". Er ergänzte: "Gerade weil die Impfmüdigkeit mit jeder weiteren Impfrunde eher zunehmen dürfte, kann die Verpflichtung helfen, den angestrebten hohen Immunisierungsgrad zu erreichen oder zu halten." Die Bedenken, dass eine Impfpflicht ohne ein nationales Impfregister kaum hundertprozentig durchzusetzen sei, hält er für nicht überzeugend: "Für kaum eine Rechtspflicht wird in Deutschland die Einhaltung lückenlos kontrolliert und durchgesetzt, weil das in einer freiheitlichen Gesellschaft mit 80 Millionen Einwohnern schlicht nicht möglich ist."
Quelle: dts Nachrichtenagentur