Merkel wendet sich gegen Kriegsangst der Deutschen
Archivmeldung vom 15.02.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundeskanzlerin Angela Merkel sieht im Atom-Konflikt mit dem Iran "echte Chancen für eine Verhandlungslösung". In einem Interview mit dem Magazin stern sagte sie: "Die Deutschen brauchen keine Angst zu haben." Es sei kein Krieg zu befürchten.
"Wir leben ohne Zweifel in einer Phase neuer
Konflikte, aber wir handeln ebenso entschlossen wie besonnen." Sie
telefoniere wegen der Weltlage regelmäßig mit den Präsidenten der USA
und Russlands. "Es sind längst noch nicht alle Spielräume
ausgereizt", so Merkel zum stern.
Die Resolution der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA)
gegen den Iran sei "ein großer Erfolg der Diplomatie" gewesen. Daran
hätten nicht nur Europa, die USA und Russland mitgewirkt, sondern
auch China, Indien, Brasilien und viele andere Länder. "Wir sollten
Schritt für Schritt vorgehen", betonte die Kanzlerin. "Der Iran muss
erkennen, dass er sich mit seinem Vorgehen innerhalb der
internationalen Staatengemeinschaft isoliert und nichts davon hat."
Auf die Frage, ob Deutschland nicht automatisch Kriegspartei sei,
falls Israel den Iran wegen dessen Atomwaffenplänen angreife, sagte
Merkel dem stern: "Ich denke nicht in der Kategorie Kriegspartei.
Alle politisch Verantwortlichen in Deutschland wissen um die
Verantwortung, an der Seite Israels zu stehen. Weil wir uns darauf
einstellen, dass der Iran sich um die Nuklearkraft auch für
militärische Zwecke bemüht, geht die Weltgemeinschaft den jetzt
eingeschlagenen Weg der Diplomatie."
Die Bundeskanzlerin schloss zugleich europäische Sanktionen gegen
arabische Staaten wegen der jüngsten gewaltsamen Proteste von
Muslimen wegen der dänischen Mohammed-Karikaturen aus. "Ich halte
nichts davon, jetzt irgendwelche Boykotte auszurufen", so Merkel zum
stern. Der Außen- und die Entwicklungshilfeministerin hätten im
Kabinett deutlich gemacht, "dass es die Falschen träfe, wenn wir
jetzt einfach Entwicklungshilfe streichen würden". Besonders die
Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen müsse fortgesetzt
werden.
Angela Merkel kündigte in dem stern-Interview zugleich ein Treffen
mit den Spitzenvertretern des neuen Dachverbandes der Muslime in
Deutschland an. Sie werde dazu einladen. Es sei "sehr ermutigend",
dass die Muslime in Deutschland zu Gewaltfreiheit aufgerufen hätten.
Die Chancen der Türkei auf einen Beitritt zur EU seien von den
Protesten in den islamischen Ländern nicht berührt. Die Verhandlungen
seien "ergebnisoffen" und liefen "davon unabhängig", so die
Kanzlerin. "Die Türkei übernimmt eine wichtige Vermittlerrolle im
islamischen Raum. Darüber freue ich mich."
Quelle: Pressemitteilung stern, G+J