Kinder von Einwanderern werden Auswanderer - Hochqualifiziert und doch chancenlos?
Archivmeldung vom 17.06.2008
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Freigeschaltet durch Oliver RandakOft werden mangelnde Bildung, Sprachkompetenz und Orientierungslosigkeit im Berufsleben bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund bemängelt. Aber neben diesem viel beschworenen Bild einer verlorenen Generation gibt es natürlich auch die andere Seite — die sozialen Aufsteiger, deren Eltern noch am Fließband oder „auf dem Bau“ arbeiteten, aber den Kindern den sozialen und finanziellen Aufstieg ermöglichen wollten und auf Bildung setzten.
Laut Angeben des SPIEGELS studieren zurzeit alleine 20.000
Türkischstämmige an deutschen Universitäten. Eigentlich ein Grund, sich
zu freuen, zu denken, dass es auch mittlerweile viele schaffen, dass
hier ein Umschwung in der türkischen Community, die immerhin 2,7
Millionen Menschen umfasst, einsetzt. Aber — viele dieser Akademiker
bleiben nicht in Deutschland, beklagen sich darüber, auch mit
exzellenten Abschlüssen schlechter behandelt zu werden, als deutsche
Universitätsabsolventen. Bei einer Umfrage erklärten 38%, sie wollten
in die Türkei reemigrieren. Denn Integration in Deutschland werde nicht
ernsthaft betrieben, es fehle das „Heimatgefühl“ und auf dem
Arbeitsmarkt habe man mit türkischem Namen einfach schlechte Chancen.
Neben der Türkei locken die Golfstaaten, die USA, Großbritannien und
Kanada mit toleranten Einstellungen, interessanten Berufen und guter
Bezahlung.
Die Frage nach der Ursache
Ob der Trend sich durchsetzt bleibt abzuwarten, aber das Bild, das sich abzeichnet, wirkt wenig erfreulich: gut gebildete Menschen mit Migrationshintergrund wandern aus, während diejenigen mit wenig Kompetenzen und Chancen auf dem Arbeitsmarkt da bleiben. Fraglich bleibt nur eins — sind nur die deutsche Gesellschaft und die deutsche Politik Verursacher für die als negativ empfundene Situation der türkischstämmigen Akademiker oder liegen Ursachen nicht auch in der eigenen Community, in deren Verhalten und dem dortigen Desinteresse an Integration begründet?