Grüne und Linke werfen Koalition Entmachtung des Parlaments mit geplanter Änderung des Bundeswahlgesetzes vor
Archivmeldung vom 10.09.2020
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Freigeschaltet durch André OttGrüne und Linke haben den Regierungsfraktionen vor der ersten Beratung über eine coronabedingte Änderung des Bundeswahlgesetzes an diesem Donnerstag eine Entmachtung des Parlaments vorgeworfen.
"Der von Union und SPD vorgelegte Entwurf legt im Falle einer Pandemie die Entscheidung, ob und wie digitale Parteitage durchgeführt werden müssen, alleine in die Hand des Innenministers", sagte der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger der Düsseldorfer "Rheinischen Post.
Dabei geht es um den Passus, wonach das "Bundesinnenministerium ermächtig wird", im Fall einer Naturkatastrophe oder ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt abweichende Regelungen für die Kandidatenaufstellung zu treffen. "Wahlrecht muss aber Sache des Parlamentes sein, das gehört nicht in die Hände der Regierung. Diese Entmachtung des Parlamentes ist nicht hinzunehmen", sagte Riexinger. Auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte: "Der Entwurf von Union und SPD zur Änderung des Bundeswahlgesetzes ist handwerklich schlecht gemacht. So ist das Ding nicht tragfähig." Außerdem fehle die Modernisierung des Parteiengesetzes in dem Entwurf, "damit online mehr möglich ist, im äußersten Notfall auch Parteivorsitzende digital zu wählen".
Kellner betonte: Ich wünsche mir, dass die große Koalition jetzt mal aufwacht und schnell zu einer vernünftigen Regelung kommt." Auch Riexinger erklärte, Meinungsbildung mit Rede und Gegenrede, Emotionen und spontanen Reaktionen ließen sich nicht einfach ins Internet verlegen. "Das gilt noch mehr für Wahlen, bei denen Kandidierende sich ja meist persönlich vorstellen. Corona zeigt uns aber, dass wir eine Lösung für Zeiten brauchen, in denen Präsenzparteitage nicht möglich sind. Das gilt im Grunde auch für Wahlen." Dafür seien gesicherte Verfahren notwendig, die ein Höchstmaß an Datenschutz und Schutz gegen Manipulation garantieren. "Es wäre Aufgabe des Bundeswahlgesetzes, die Anforderungen an die Verfahren zu definieren. Die Entscheidung im Einzelfall muss es in den Händen des Parlamentes belassen."
Quelle: Rheinische Post (ots)