Demokratieforscher: FDP schadet Parteien und Politikern allgemein
Der Direktor des Kompetenzzentrums für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig, Oliver Decker, sieht im aktuellen FDP-Skandal um den offenbar systematisch geplanten Ausstieg aus der Ampelkoalition einen Schaden für die Demokratie. "In diesem Jahr war die Zufriedenheit mit der Alltagsdemokratie in Deutschland so niedrig wie seit Beginn unserer Erhebung nicht", sagte er dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
"Die am häufigsten wahrgenommenen Demokratieprobleme sehen unsere
Befragten in Parteien und Politikern, diese werden sehr negativ
beschrieben. Auch wenn diese Beschreibung nicht neu ist, die
gegenwärtige Entwicklung und das Vorgehen der FDP wird dieser
Wahrnehmung neue Bestätigung liefern", prognostizierte der
Wissenschaftler.
Decker fügte hinzu: "Eine demokratische Politik
kann oft nicht viel richtig machen - sie ist auf den Kompromiss
angewiesen, und am Ende sind viele nur halb zufrieden. Aber sie könnte
manchmal auch deutlich weniger falsch machen."
Decker ist
Mitautor der Leipziger Autoritarismus-Studie. Sie kam erst Mitte
November zu dem Ergebnis, dass die Zufriedenheit mit der Demokratie in
Deutschland weiter abnimmt. Zwar stimmten demnach zuletzt 90,4 Prozent
aller Befragten der Demokratie als Idee zu. Die Zustimmung zur
"Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert",
lag allerdings nur noch bei 42,3 Prozent.
Der Gründungsdirektor
des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena, Matthias
Quent, sagte dem RND, "das Gebaren der FDP-Spitze" sei "Ausdruck der
fortgeschrittenen Vielfachkrise des Neoliberalismus".
Er fuhr
fort: "Die davon ausgehende Gefahr für die Demokratie besteht in einer
Mischung aus Realitätsverweigerung, Egoismus und zynischer Verrohung,
Turbokapitalismus, Sozialdarwinismus und Rechtspopulismus in Teilen der
Eliten. Sie zeigt, dass der soziale Frieden nicht nur durch die AfD
bedroht wird."
Quelle: dts Nachrichtenagentur