Opposition wirft GroKo Verschleppung von Wahlrechtsreform vor
Archivmeldung vom 07.04.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Oppositionsfraktionen werfen der Großen Koalition vor, die Wahlrechtsreform zur Verkleinerung des Bundestages zu verschleppen: Obwohl seit mehr als einem halben Jahrzehnt über eine derartige Reform beraten wird, haben es Union und SPD bis heute nicht geschafft, sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zu verständigen - inzwischen ist sogar unklar, ob die Reform noch rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl gelingt.
"Die Coronakrise darf nicht zum Alibi für das Aussetzen der notwendigen Wahlrechtsreform werden", sagte der Vorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion, Dietmar Bartsch, der "Süddeutschen Zeitung".
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode habe die Große Koalition "eine Reform verhindert, das sollte sich nicht wiederholen", so der Linken-Politiker weiter. Schließlich lägen alle nötigen Informationen seit Langem auf dem Tisch. "Ich fordere die Koalition deshalb auf, endlich einen Vorschlag zu unterbreiten, und nicht weiter auf Zeit zu spielen", sagte Bartsch. "Es ist unverantwortlich, dass innerhalb der Union die CSU jede Lösung blockiert", sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt, der Zeitung.
Es müssten jetzt alle zusammen, also auch die CSU, "sehr schnell zu einer Lösung bei der Wahlrechtsreform kommen". Dabei müsse gelten, dass jede Stimme gleich viel wert sei - "diesem Grundsatz folgend" seien die Grünen bereit, über "alle Vorschläge auf der Basis des personalisierten Verhältniswahlrechts zu diskutieren", so die Grünen-Politikerin weiter.
Bisher gibt es aber noch nicht einmal einen Termin für die nächste Gesprächsrunde der Fraktionschefs zum Wahlrecht. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus (CDU), will das Problem gar nicht kaschieren.
Es gebe momentan "sehr unterschiedliche Positionen", sagte Brinkhaus. Die Wahlrechtsreform müsse aber kommen, "wir arbeiten weiter daran, eine Lösung zu finden", so der CDU-Politiker weiter. Seine Fraktion habe bereits ein eigenes "Brückenmodell vorgelegt, das kurzfristig umsetzbar und praktikabel ist", sagte Carsten Schneider, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, der "Süddeutschen Zeitung". Dieser Vorschlag habe "neuen Schwung in die Debatte gebracht".
Und auf dieser Basis verhandele man jetzt "mit allen Fraktionen und natürlich auch mit unserem Koalitionspartner", so der SPD-Politiker weiter. Das SPD-Modell sieht allerdings eine Obergrenze von 690 Abgeordneten vor. Mit diesem Modell könnte man also lediglich sicherstellen, dass der Bundestag nicht noch weiter wächst - eine Verkleinerung wenigstens in die Nähe der Normgröße von 598 Abgeordneten würde man damit aber aufgeben. Derzeit gibt es 709 Abgeordnete - nach der nächsten Wahl könnten es ohne eine Reform sogar mehr als 800 werden.
Quelle: dts Nachrichtenagentur