Seehofer: Corona-Impfstoff kommt Ende des Jahres
Archivmeldung vom 02.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttBundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) geht nicht von einem schnellen Ende des Kampfes gegen das Coronavirus aus. "Ich rechne damit, dass wir zum Jahreswechsel einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung haben", sagte er der "Bild am Sonntag". Bis dahin müsse man das Virus "mit den klassischen Mitteln des Seuchenschutzes bekämpfen. Wir müssen die Infektionsketten konsequent unterbrechen."
Der Innenminister schließt dabei auch die Absperrung von Regionen oder Städten nicht aus: "Dieses Szenario wäre das letzte Mittel." Um sich selbst vor dem Virus zu schützen, gibt Seehofer Menschen nicht mehr die Hand: "Ich sage aber jedes Mal, dass das nichts mit Unhöflichkeit zu tun hat." Seehofer begrüßte die Absage der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin: "Ich bin froh, dass die ITB abgesagt wurde."
Dies sei auch der ausdrückliche Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen. Aus China hatten sich nach Einschätzung des Innenministeriums rund 300 bis 500 Personen zur ITB angemeldet. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) rief die Bevölkerung dazu auf, Panik zu vermeiden. "Das Leben normal weiterführen und weiter einen kühlen Kopf bewahren", riet Laschet in "Bild am Sonntag". Der Großteil der Bevölkerung reagiere besonnen: "Das ist gut, weil viele neue Probleme entstehen, wenn wir die Nerven verlieren. Deshalb gilt jetzt und für jede Krise: Ruhe bewahren." Er selbst habe keine Angst vor einer Ansteckung: "Menschen zu treffen oder auf Veranstaltungen zu gehen gehört zu meinem Beruf. Ich kann und will nicht wochenlang Menschen meiden."
RKI bestätigt 117 Coronavirus-Infektionen in Deutschland
Das Robert Koch-Institut hat am Sonntag 117 Infektionen mit dem Coronavirus in Deutschland bestätigt, nach 66 am Vortag. Laut Zählweise der selbstständigen Bundesoberbehörde für Infektionskrankheiten gibt es Stand Sonntag 66 Fälle in NRW, 19 in Bayern, 15 in Baden-Württemberg, acht in Hessen, jeweils zwei in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sowie jeweils einen in Hamburg, Bremen und Niedersachsen. Hinzu kommen zwei Infektionsfälle unter den Anfang Februar aus China zurückgeholten Deutschen. Die einzelnen Landesbehörden hatten schon am Samstag entsprechende Zahlen veröffentlicht. Verwirrung gab es um die Meldung aus Bayern: Dort sprach das Landesministerium am Samstag von vier Infektionen und klammerte die 14 bereits aus dem Krankenhaus entlassenen Fälle aus. Dies entspricht nicht der sonst üblichen Zählweise. Auch die Zahlen der WHO waren nicht aktuell. Dort war am Sonntagmorgen noch von 57 bestätigten Fällen in Deutschland die Rede.
Berlin lockt mit doppeltem Gehalt auf Quarantäne-Station
Um für eine Coronavirus-Epidemie mit genügend Fachpersonal gerüstet zu sein, lockt Berlin Mitarbeiter des Gesundheitsamtes mit doppeltem Gehalt zum Einsatz auf einer geplanten Quarantäne-Station. Das erfuhr die dts Nachrichtenagentur aus informierten Kreisen. Mögliche Einsatzgebiete könnte die Betreuung von unter Quarantäne gestellten Personen oder das Erledigen von Einkäufen sein. Die Finanzierung sei allerdings noch nicht abschließend gesichert, hieß es. Eine Quarantäne-Station soll demnach auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Moabit in der Turmstraße eingerichtet werden, wo heute unter anderem das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin seinen Hauptsitz hat. Das frühere Krankenhaus war Ende des 19. Jahrhunderts als Seuchenstation gegründet worden, 2001 wurde es im Zuge von Einsparungen geschlossen. Aktuell sind dort zahlreiche kleinere Einrichtungen untergebracht.
Linke: Bundesregierung hat Corona-Gefahr "wochenlang unterschätzt"
Die Linke im Bundestag hat den Umgang der Bundesregierung mit der
drohenden Corona-Epidemie als unzureichend kritisiert. "Das
Krisenmanagement von Gesundheitsminister Spahn und der Bundesregierung
in Bezug auf das Coronavirus ist unzureichend", sagte Fraktionschef
Dietmar Bartsch dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Sonntagausgaben).
"Die Entwicklung wurde wochenlang unterschätzt. Das hat zu zusätzlicher
Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger geführt."
Konkret kritisierte
Bartsch unter anderem fehlende Vorräte an Medizin- und Sanitärprodukten.
"Es darf nicht sein, dass Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken
flächendeckend ausverkauft sind, obwohl die Corona-Krise seit Ende
Dezember aus China bekannt ist", sagte der Linken-Abgeordnete dem RND.
"Es muss Vorräte und zentrale Lager an Hygiene- und Desinfektionsmittel
in allen Bundesländern geben, die die Bevölkerung versorgen, wenn das
Risiko einer Epidemie besteht."
Der Gesundheitsminister müsse in Abstimmung mit den Ministern der Länder
sicherstellen, "dass Hygiene- und Desinfektionsmittel wieder
flächendeckend erhältlich sind", forderte Bartsch. Die Linke rügte Spahn
dafür, dass auf die Feststellung, Deutschland stünde am Beginn einer
Epidemie, zu wenig konkrete Maßnahmen erfolgt seien. "Viele andere
Länder haben entschlossener auf das Corona-Virus reagiert", sagte
Dietmar Bartsch.
"Spahn sollte den Bürgerinnen und Bürgern erklären, wie
er bei steigenden Fallzahlen eine sprunghafte Verbreitung eindämmen
will."
Aus Sicht von Linken-Fraktionschef Bartsch ist auch die Information der
Bevölkerung durch die Bundesregierung nicht ausreichend. "Gerade
Menschen mit Vorerkrankungen müssen wissen, welches Verhalten ratsam
ist", sagte der Linke dem RND. Zudem seien weitere konkrete Schritte
nötig: "Alle Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Wochen in
Risikogebieten außerhalb Deutschlands verreist waren, sollten
obligatorisch getestet werden", forderte Bartsch. Auch Aussteigerkarten,
die am Freitagabend vom Krisenstab für alle Bahn- und Flugreisen
innerhalb und nach Deutschland beschlossen wurden, reichten allein nicht
aus: "Nach Flug-, Bahn- und Busreisen aus Risikogebieten müssen ab
sofort die Menschen getestet werden", fordert die Linke.
Zudem müsse die Bundesregierung in Absprache mit den europäischen Partnern dafür Sorge tragen, dass die Erforschung eines Impfstoffes schnellstmöglich vorangetrieben und zeitnah abgeschlossen wird. Auch müsse "mangelhafte personelle und materielle Ausstattung der zuständigen Behörden rückgängig gemacht werden", sagte Bartsch dem RND. "Es zeigt sich, dass die Sparpolitik der letzten Jahre die Krisenreaktionsfähigkeit des Gesundheitssektors erheblich schwächt." Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte am Samstag mit den Gesundheitspolitikern aller Bundestagsfraktionen über die Lage angesichts der Ausbreitung des neuen Coronavirus beraten. Er habe sie in einer Telefonkonferenz "über die dynamischen Entwicklungen der letzten drei Tage informiert", teilte der CDU-Politiker im Kurznachrichtendienst Twitter mit. "Wir werden am Montag in einer Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit erneut zusammenkommen. Es ist mir wichtig, in dieser Situation parteiübergreifend zu informieren."
Erste Coronavirus-Infektion in Berlin
In Berlin gibt es die erste bestätigte Infektion mit dem Coronavirus. Das teilte die Senatsverwaltung am späten Sonntagabend mit. Die betroffene Person werde stationär isoliert und behandelt. Der zuständige Amtsarzt habe mit der Nachverfolgung der Kontaktpersonen begonnen, hieß es. Am Montag will Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci über den Fall und das weitere Vorgehen informieren. Laut eigener Zählung der dts Nachrichtenagentur gab es damit am späten Sonntagabend insgesamt 135 in Deutschland bestätigte Infektionen. Zuvor gab es weder in den neuen Bundesländern noch in Berlin eine bestätigte Infektion, aber in allen alten Bundesländern, außer dem Saarland. Nach Informationen der dts Nachrichtenagentur hatten die Berliner Gesundheitsbehörden bereits letzte Woche begonnen, ihre Mitarbeiter für den Einsatz in einer geplanten Quarantäne-Station zu gewinnen. Dafür sollen sie ein doppeltes Gehalt bekommen. Eine Quarantäne-Station soll demnach auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Moabit in der Turmstraße eingerichtet werden, wo heute unter anderem das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin seinen Hauptsitz hat.
Corona-Krise: Verdi fordert, Krankenhäuser sollen grundsätzlich Kapazitäten für Epidemien vorhalten
Das Verdi-Vorstandsmitglied Sylvia Bühler hat angesichts der Verbreitung des Corona-Virus das Vorhalten von Kapazitäten in der medizinischen Versorgung gefordert. "Das Corona-Virus führt uns vor Augen, wie wichtig es ist, in der medizinischen Versorgung flächendeckend Kapazitäten für Katastrophen und Epidemien vorzuhalten", sagte Bühler der Düsseldorfer "Rheinischen Post". Das wirtschaftliche Überleben von Krankenhäusern dürfe nicht davon abhängig sein, dass sie regelmäßig hoch ausgelastet seien, sonst werde es im Krisenfall schnell eng. Zugleich forderte Bühler die Arbeitgeber im Gesundheitswesen auf, für den Schutz der Beschäftigten vor Corona zu sorgen. "Die Arbeitgeber sind aufgefordert, gemeinsam mit den betrieblichen Interessenvertretungen, den Hygienebeauftragten, den Betriebsärztinnen und -ärzten sowie den Fachkräften für Arbeitssicherheit für den bestmöglichen Schutz zu sorgen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur / Rheinische Post