Deutschland nimmt Flüchtlinge aus Schuldgefühl auf
Archivmeldung vom 28.10.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittEine Umfrage von Sputnik.Meinungen hat ergeben, dass der Großteil der Europäer gegen die Aufnahme von Flüchtlingen auftritt, aber in Deutschland wehren sich die Wenigsten dagegen. Der Politologe Michail Smolin führt diese Tatsache auf eine ganze Reihe von Gründen zurück.
Laut der Umfrage, die im Rahmen des Projekts Sputnik.Meinungen vom britischen Meinungsforschungsinstitut Populus im Auftrag der Sputnik-Agentur in den USA und Europa durchgeführt wurde, glauben mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Befragten, dass die Behörden ihrer Länder keine Flüchtlinge aufnehmen sollten.
Michail Smolin vom Russischen Institut für strategische Forschungen führt den hohen Prozentsatz der Befürworter der Aufnahmepolitik in Deutschland vor allem darauf zurück, dass das Land besser für die Aufnahme von Migranten geeignet sei.
„Die bislang verhältnismäßig positive Einstellung der Deutschen zur Aufnahme von Flüchtlingen hat höchstwahrscheinlich damit zu tun, dass das Land zum einen viel größer ist als etwa das kleine Tschechien und zum anderen besser geeignet ist für die Aufnahme von großen Migrantenmassen. Andererseits denke ich, dass unter diesen 58 Prozent, die sich positiv gegenüber Migranten verhalten, ein großer Anteil aus Einwanderern bzw. Menschen besteht, die der Propaganda-Welle darüber auf den Leim gegangen sind, dass es eine Pflicht Deutschlands sei, Migranten aufzunehmen“, sagte Michail Smolin gegenüber Radio Sputnik.
Eine große Rolle spiele hier, so Smolin, auch die Tatsache, dass die Deutschen ihre Schuld für die Prozesse spüren, die in der Welt vor sich gehen. „Außerdem ist Deutschland ein Land, das – sagen wir es so – ein ausgearbeitetes Schuld-Konzept hat, das unter anderem hinsichtlich der Migranten ausgenutzt wird. Daher sind viele Deutsche bereit, den Migranten zu helfen.“ Dabei führt der Politologe die negative Einstellung gegenüber Einwanderern in den osteuropäischen Ländern darauf zurück, dass sie deren Flut früher als Deutschland zu spüren bekommen hätten.
„Es scheint mir, dass die kleinen Länder einfach viel stärker die Gefahr und die Kontraproduktivität der einmaligen Aufnahme von großen Flüchtlingsmassen gespürt haben. Das sind ja Menschen anderer Kulturen, viele von ihnen haben ihre Wurzeln in militärischen Gruppen in den Ländern, die sie verlassen haben. Daher steigt auch die Zahl von Zwischenfällen. Es scheint mir, dass die größte Welle Deutschland einfach noch nicht erreicht hat, und die meisten Migranten sind derzeit noch in Bosnien, Ungarn und anderen Ländern auf dem Weg nach Deutschland“, glaubt Smolin.
Dabei schließt der Experte nicht aus, dass sich die Einstellung der Deutschen zu den Migranten künftig zum Negativen wenden könnte. „Wenn die Migranten-Welle in Deutschland steigt, dann werden dort, glaube ich, ebenfalls solche Proteste aufkommen wie in den Ländern, über die der Migrantenstrom derzeit läuft. Deutschland steht noch bevor, künftig den realen Zustrom von Migranten und deren Rolle im neuen Leben des Landes zu spüren“, schließt der Politologe.
Quelle: Sputnik (Deutschland)