Pia Zimmermann: Über sieben Millionen Beschäftigte von Familienpflegezeit ausgeschlossen
Archivmeldung vom 03.12.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Die große Koalition ist vor den Arbeitgebern eingeknickt: Beschäftigte in Betrieben mit 25 oder weniger Beschäftigten sollen keinen Rechtsanspruch auf Pflegezeit und Familienpflegezeit erhalten. Damit wird 7.178.330 Beschäftigten die Möglichkeit vorenthalten, die Pflege von Angehörigen mit ihrer beruflichen Tätigkeit besser vereinbaren zu können", erklärt Pia Zimmermann, pflegepolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, mit Blick auf den heute im Gesundheitsausschuss debattierten Änderungsantrag zum Gesetzentwurf zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. Zimmermann weiter:
"Es ist nicht hinnehmbar, dass eine derartig große Gruppe von vornherein von der Familienpflegezeit ausgenommen sein soll. Auf den letzten Metern hat die große Koalition ein schlechtes Gesetz noch schlechter gemacht. Die Änderungen am Gesetz sind von einem massiven Misstrauen gegenüber pflegenden Angehörigen geprägt. Der Kündigungsschutz wurde deutlich aufgeweicht, mit der Begründung, man wolle verhindern, dass Beschäftigte die Ankündigung von Pflege- oder Familienpflegezeit missbrauchen, um sich kündigungsrechtliche Vorteile zu verschaffen. In der morgigen Plenumsdebatte wird sicherlich viel von Wertschätzung die Rede sein - aus den Mündern der Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU und SPD ist das dann nur blanker Hohn."
Einsehen mit Pflegewohngruppen, die nach Landesrecht erlaubt und durch Bundesrecht untersagt werden sollten
Das Pflegezeitgesetz wird genutzt, um vor Inkrafttreten des ersten Pflegestärkungsgesetzes ein Problem zu beseitigen: Der Familienausschuss des Bundestages hat am heutigen 3. Dezember 2014 in letzter Sekunde einen Fehler behoben, der sich in die geplante Änderung von § 38 a SGB XI eingeschlichen hatte. Nach der Neuregelung hätten Pflegebedürftige zwar weiterhin Anspruch auf einen monatlichen Zuschlag gehabt, wenn sie in ambulant betreuten Wohngruppen leben - allerdings sollte die Zahlung der zukünftig 205 Euro monatlich nur noch erfolgen, wenn nicht mehr als zehn Personen in einer WG wohnen. In den meisten Bundesländern liegt die bisherige rechtliche Obergrenze aber bei zwölf Bewohnern, und dementsprechend sind in letzter Zeit auch zahlreiche Zwölfer-WGs entstanden.
Die geplante Einschränkung hätte für viele Wohngruppen, die sich nach den Landesvorschriften ausgerichtet haben, eine Existenzgefährdung bedeutet. "In der Umsetzung wären zwei WG-Bewohner weggefallen, um die benötigte Präsenzkraft finanzieren zu können und den anderen das Dach über dem Kopf zu erhalten." So beschreibt Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), die Konsequenzen, die eine derartige Neuerung gehabt hätte. "Außerdem liegt es auf der Hand, dass auf ein volles Dutzend ausgelegte und kalkulierte Wohngruppen von alten Menschen mit zwei leer stehenden Zimmern nicht mehr wirtschaftlich gewesen wären", fügt Meurer hinzu.
Der bpa hatte sich seit Bekanntwerden der geplanten Änderung für eine Harmonisierung der Regelungen und die Einführung eines Bestandsschutzes eingesetzt, um die Problematik aufzulösen.
Quelle: Fraktion DIE LINKE - Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (ots)