Esken und Walter-Borjans haben 5 Bedingungen für GroKo-Fortsetzung
Archivmeldung vom 11.11.2019
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Freigeschaltet durch André OttDas Bewerberduo für den SPD-Vorsitz, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans, hat fünf Bedingungen für eine Fortführung der großen Koalition. "Es gibt Knackpunkte, an denen sich entscheidet, ob eine Fortsetzung der Koalition vertretbar ist", sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Erstens muss die Grundrente kommen - und zwar ohne Vermögensprüfung."
Als Gegenleistung die Unternehmenssteuer zu senken, wie aus der Union gefordert, nannte der frühere NRW-Finanzminister "ein No-Go". Zweitens müsse das Klimapaket nachgebessert werden, das "nicht ambitioniert und sozial ungerecht" sei. "Wir sollten den CO2-Preis wirksam hochsetzen und die Einnahmen als Prämie pro Kopf an die Bevölkerung zurückzahlen", forderte Walter-Borjans. Drittens seien "schnelle und massive Investitionen" notwendig. Dies stelle die Schwarze Null im Bundeshaushalt infrage.
"Bei diesen Themen tut sich ein ziemlich großer Spalt zwischen Union und SPD auf. Unser Parteitag muss diskutieren, ob und wie lange der Treibstoff für die große Koalition noch reicht", sagte der Kandidat für den Parteivorsitz. Esken stellte zwei weitere Forderungen: "Wenn wirklich ein Abschwung kommt, haben wir mit großen Verwerfungen zu rechnen. Wir sorgen für sozialen Zusammenhalt, wenn wir den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben und dafür sorgen, dass wieder möglichst viele in Tarifbindung kommen." Außerdem sei der marktgetriebene Ansatz beim Netzzugang gescheitert, was sich. Vor allem auf dem Land zeige. "Netzzugang ist Daseinsvorsorge, so wichtig wie Wasser und Strom", so Esken. "Darum muss sich der Staat kümmern." Sie habe aber "starke Bedenken, ob wir all das mit der Union hinbekommen", sagte die Bundestagsabgeordnete.
Esken und Walter-Borjans wollen 35 Prozent für die SPD
Die Kandidaten für den SPD-Vorsitz Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans trauen sich Wahlergebnisse von mehr als 35 Prozent zu. Eine starke Sozialdemokratie habe "in der Bevölkerung ein Potenzial von gut 35 Prozent", sagte Esken den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Dieses Potenzial können wir auch heben."
Walter-Borjans sagte: "Wenn wir beide Vorsitzende werden, bin ich ziemlich sicher, dass die SPD relativ schnell bessere Umfragewerte bekommt. Wir können einen Stimmungsumschwung erzeugen." Zugleich nahm Walter-Borjans seine Empfehlung zurück, auf einen Kanzlerkandidaten zu verzichten. Wenn sich vor der Bundestagswahl abzeichne, dass die SPD eine Regierung führen könne, "werden wir natürlich sagen, wer Kanzler werden soll". Die gegenwärtigen Umfragewerte von unter 15 Prozent nannte der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister "dramatisch zu niedrig und der Sozialdemokratie nicht würdig".
Die Leute würden "verdutzt gucken, wenn wir da einfach nur einen
Kanzlerkandidaten nominieren", sagte er. "Wir wollen Vertrauen
zurückgewinnen, ein klares Programm benennen und so wieder zu Kräften
kommen. Dann wollen wir natürlich auch die Regierung führen." Die beiden
Bewerber schlossen ausdrücklich nicht aus, selbst als Kanzlerkandidaten
anzutreten. "I
ch gebe jetzt keine Verzichtserklärung ab. Wer hier Nein sagt, verliert
unnötig Führungsautorität", sagte Walter Borjans. Esken formulierte es
so: Wenn man den Vorsitz der SPD anstrebe, müsse man "damit rechnen,
dass auch weitere Aufgaben auf einen zukommen". Beide machten deutlich,
dass sie zumindest ein gewichtiges Wort in der Frage der
Kanzlerkandidatur mitreden wollten.
"Es war bisher üblich, dass die Vorsitzenden in dieser Frage das Prä haben", sagte die Bundestagsabgeordnete. Walter-Borjans betonte: "Wir nehmen die Mitglieder ernst, wir nehmen die Parteistrukturen ernst, aber wir nehmen auch unseren Führungsauftrag ernst. Es ist nicht unser Ding, die Entscheidung dieser wichtigen Frage einfach entgegenzunehmen." Auf die Frage, ob es vorstellbar sei, dass sie Vizekanzler Olaf Scholz bei der SPD-Kanzlerkandidatur den Vortritt ließen, antwortete Walter-Borjans: "Theoretisch ja. Es gibt eine Menge Leute, die dafür infrage kommen." Der einstige Landesminister machte deutlich, dass sich die Bewerber nicht als Kurzzeit-Vorsitzende begreifen. Sie wollten "nicht nur einen Übergang machen", sagte Walter-Borjans. "Es gibt in dieser Partei eine Menge zu tun, was länger als zwei Jahre dauert."
Quelle: dts Nachrichtenagentur