FDP-Chef Lindner attackiert Schäuble wegen EZB-Rotation
Archivmeldung vom 16.06.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFDP-Chef Christian Lindner hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) wegen der Rotation im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) attackiert. Mit dem Beitritt Litauens zur Euro-Zone Anfang nächsten Jahres wird die Bundesbank nicht mehr permanent im EZB-Rat stimmberechtigt sein. FDP-Chef Christian Lindner fordert von der Bundesregierung, dies nicht hinzunehmen: "Wir erwarten, dass die Bundesregierung offensiv für einen ständigen Sitz Deutschlands im EZB-Rat arbeitet", sagte er dem "Handelsblatt" (Dienstagausgabe).
Das Rotationsprinzip in dem wichtigsten Entscheidungsgremium der Währungshüter sei "angesichts der Lage im Euro-Raum inakzeptabel", sagte Lindner. Er kritisierte in diesem Zusammenhang Bundesfinanzminister Schäuble, der keinen Grund sieht, sich gegen die neue Praxis zu stemmen. "Es ist ein schlechter Scherz, dass Wolfgang Schäuble achselzuckend hinnehmen will, dass die größte Volkswirtschaft in Europa zeitweise in unserer Notenbank nicht mitsprechen kann", sagte der FDP-Vorsitzende.
Die EU-Staaten hatten 2003 entschieden, dass die Chefs der nationalen Notenbanken im EZB-Rat ab einer gewissen Anzahl von Euro-Mitgliedsländern rotieren müssen. Mit Litauen als 19. Mitglied der Euro-Zone ab Januar 2015 ist das jetzt der Fall. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der 27 Prozent der Wirtschaftskraft der Euro-Zone repräsentiert, wird künftig alle fünf Monate bei den Ratssitzungen stimmrechtslos sein.
AfD-Chef Lucke fordert deutsches Veto-Recht im EZB-Rat
Der Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke, verlangt mehr Mitsprache für Deutschland bei wichtigen Abstimmungen im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB). Hintergrund ist, dass Bundesbankpräsident Jens Weidmann gemäß eines 2003 vereinbarten Rotationsverfahrens mit dem absehbaren Beitritt Litauens zur Währungsunion Anfang 2015 alle fünf Monate bei Abstimmungen aussetzen muss. Lucke, der auch Abgeordneter im EU-Parlament ist, sagte dazu "Handelsblatt-Online", die vereinbarte Stimmenrotation müsse wieder rückgängig gemacht werden, "um sicherzustellen, dass stabilitätsorientierte Zentralbanken wie die Deutsche Bundesbank stets ein ihrer Bedeutung angemessenes Stimmrecht haben". Die AfD setze sich dafür ein, dass bei einer solchen Vertragsrevision jede Zentralbank Stimmrechte gemäß ihres Anteils am Stammkapital der EZB erhalte und dass Entscheidungen von grundlegender Bedeutung nur mit einer Dreiviertelmehrheit getroffen werden können. "Unter diesen Umständen könnte keine Entscheidung gegen die Stimme der Deutschen Bundesbank getroffen werden", betonte der AfD-Chef. "Da die Märkte EZB-Entscheidungen, bei denen die Bundesbank überstimmt wird, immer als ein Abrücken von der Stabilitätstradition interpretieren, steigert eine solche Sperrminorität das Ansehen der EZB und das Vertrauen, das ihrer Geldpolitik entgegengebracht wird."
Lucke kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Stabilitätsorientierung der EZB in den letzten Jahren "immer mehr aufgeweicht" worden sei. So seien Bonitätsanforderungen bei Refinanzierungsgeschäften bis auf Ramschniveau gesenkt worden. Die Liquiditätszuteilung erfolge zudem ohne mengenmäßige Beschränkung und der unbeschränkte Aufkauf von Staatsanleihen nach dem OMT-Beschluss widerspreche sogar nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts dem am 1. Dezember 2009 in Kraft getretenen Vertrag von Lissabon über die Arbeitsweise der Europäischen Union, so Lucke.
Quelle: dts Nachrichtenagentur