Rufe nach Lockerung der Datenschutz-Vorgaben für Corona-App
Archivmeldung vom 29.10.2020
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Freigeschaltet durch André OttAngesichts der rasant steigenden Corona-Infektionszahlen ist eine Debatte darüber entbrannt, ob zur besseren Nachverfolgung von Infektionsketten die strengen Datenschutzvorgaben der Corona-Warn-App gelockert werden sollen. Das berichtet das "Handelsblatt".
Vor allem in der Union ist das Thema demnach umstritten. "Wir haben uns bei der Entwicklung der App lange durch vermeintliche Datenschutzbedenken ausbremsen lassen, statt die Chancen für den Gesundheitsschutz zu nutzen", sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge der Zeitung. Damit die App zum "Schlüsselinstrument" bei der Pandemiebekämpfung in Ballungsräumen werden könne, müssten nun "endlich auch die Gesundheitsämter einen Datenzugang erhalten, wenn das lokal bei der Eindämmung helfen kann".
Dagegen sieht die gesundheitspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Karin Maag (CDU), in der Warn-App einen "wertvollen Helfer", um Infektionsketten zu unterbrechen und die Gesundheitsämter zu entlasten. Es seien weitere Verbesserungen in Planung, sagte sie dem "Handelsblatt". Allerdings müsse das Prinzip der Freiwilligkeit erhalten bleiben. "Dafür werbe ich auch persönlich, denn die Corona-Warn-App muss auch weiterhin den hohen Datenschutz-Anforderungen entsprechen. Das heißt, dass der Nutzer auch künftig selbst entscheidet, ob er in der App das positive Ergebnis einträgt", so Maag.
Dabei sieht auch der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, an dieser Stelle Mängel. "Es ist nicht einzusehen, dass selbstverständlich bei der Pandemiebekämpfung in viele Grundrechte eingegriffen wird, der Datenschutz aber zur heiligen Kuh wird", sagte Hüther der Zeitung. "Das betrifft das verpflichtende Einpflegen positiver Befunde und die wirksamere Nachverfolgung." Dies sei umso dringlicher, weil die Gesundheitsämter bereits überfordert seien, die Infektionsketten nachzuverfolgen.
Auch der Grünen-Digitalpolitiker Dieter Janecek sieht hier Handlungsbedarf.
"Wir wissen derzeit in rund drei Viertel aller Fälle nicht, wo sich die Leute anstecken das ist ein enormes Problem", sagte Janecek dem "Handelsblatt". Eine weiterentwickelte Corona-Warn-App müsse daher dringend besser bei der "Clusterverfolgung" helfen. "Wir brauchen zuverlässigere Daten darüber, in welchen Situationen und an welchen Orten sich Menschen typischerweise infizieren", so der Abgeordnete. Dies müsse aber auf freiwilliger Basis geschehen. "Alles andere wäre Gift für die Akzeptanz der App."
Quelle: dts Nachrichtenagentur