Trotz Ramelow-Plan: Kanzleramt bleibt bei Maskenpflicht
Archivmeldung vom 25.05.2020
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDie Bundesregierung setzt trotz der Forderungen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) weiter auf bundesweite Kontaktbeschränkungen. Das berichtet die "Bild" (Dienstagausgabe) unter Berufung auf eine Beschlussvorlage des Kanzleramts für die Runde der Staatskanzleichefs der Länder. Darin schlage der Chef des Kanzleramts Helge Braun (CDU) den Ländern vor, auch nach dem 5. Juni weiterhin bundesweit "in der Öffentlichkeit einen Mindestabstand von 1,5 Metern" vorzuschreiben und die "Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen Bereichen" beizubehalten. Es gebe dazu - von Thüringen abgesehen - kaum Widerstand aus den Ländern.
Strittig sind dagegen weitere Punkte, die das Kanzleramt in seiner Beschlussvorlage vorsieht, berichtet "Bild" weiter. Darin werde unter anderem empfohlen, "private Zusammenkünfte, wenn möglich, im Freien abzuhalten und diese generell auf höchstens 20 Personen zu beschränken".
Zudem seien "auch bei privaten Zusammenkünften zu Hause in geschlossenen Räumen die Hygieneregeln umzusetzen sowie die Zahl der Personen generell auf höchstens zehn zu beschränken".
In einem weiteren Punkt der Vorlage komme das Kanzleramt den Forderungen Thüringens allerdings entgegen, berichtet "Bild". Dieser betreffe die Regeln für das Zusammentreffen mehrerer Haushalte außerhalb der eigenen Wohnung. Dazu heiße es im Papier des Kanzleramts: "Angesichts der niedrigen Infektionszahlen in Deutschland soll der Aufenthalt im öffentlichen Raum jedoch ab dem 6. Juni nur noch dort durch verbindliche Anordnung beschränkt werden, wo die regionale Dynamik im Infektionsgeschehen dies erfordert."
Die Länder interpretierten dies als Lockerung der Regel, wonach sich maximal zwei Haushalte (mit beliebig vielen Mitgliedern) in der Öffentlichkeit treffen dürfen, berichtet "Bild". Die Zahl der Haushalte soll demnach auf drei oder mehr erhöht werden, je nach Infektionsbelastung der Region.
Corona-Kabinett wegen Thüringen-Vorstoß kurzfristig abgesagt
Die für Montag geplante Sitzung des Corona-Kabinetts der
Bundesregierung ist kurzfristig abgesagt worden. Es bestehe nach dem
Vorstoß des Ministerpräsidenten Thüringens, Bodo Ramelow (Linke),
dringender Gesprächsbedarf zwischen Bund und Ländern, berichtet am
Montagvormittag das RTL/n-tv-Hauptstadtstudio unter Berufung von
Informationen aus dem Bundeskanzleramt.
Im Corona-Kabinett sollte am Montag auch über mögliche weitere Lockungen
beraten werden. Die Teilnehmer wurden von den weitgehenden Plänen aus
Erfurt überrascht, daher sei die Beschlussvorlage überholt. Das Treffen
werde am Mittwoch im Rahmen der wöchentlichen Kabinettssitzung
nachgeholt. Bis dahin erwarte man im Bundeskanzleramt lange und
intensive Abstimmungsgespräche.
Ramelow hatte am Wochenende angekündigt, dass er in Thüringen vom 6. Juni an auf die allgemeine, landesweit gültige Corona-Schutzvorschriften verzichten will. Damit könnten die bisherigen Regeln zu Mindestabständen, dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz sowie Kontaktbeschränkungen der Vergangenheit angehören. Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie tagt montags das sogenannte kleine Corona-Kabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Minister der Verteidigung, der Finanzen, des Inneres, des Auswärtiges, für Gesundheit und der Chef des Bundeskanzleramtes nehmen daran teil.
Thüringens Umweltministerin distanziert sich von Ramelow-Vorstoß
Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) hat sich von dem
Vorstoß von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) distanziert, schon
vom 6. Juni an auf allgemeine, landesweit gültige
Corona-Schutzvorschriften zu verzichten. "Der Lockdown verlangt uns
allen viel ab", sagte Siegesmund dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
Man müsse aber aufpassen, "dass wir angesichts des erfolgreichen
Pandemiemanagements nicht leichtsinnig werden und überdrehen".
Stattdessen müsse gelten: "Nichtrisikogruppen zuerst". Kindergärten
könne man "nicht nur ein bisschen aufmachen", so Siegesmund. Ähnliches
gelte für Schulen.
Zudem solle sich Thüringen "mit den Ländern, deren Zahlen ebenso eine
deutliche Sprache für die Öffnung sprechen, abstimmen". Das sei der Weg.
Ramelow hatte der "Bild am Sonntag" gesagt, er wolle die allgemeinen
Corona-Beschränkungen in seinem Bundesland aufheben. Damit würden
landesweite Regeln zu Mindestabständen, dem Tragen von Mund-Nasen-Schutz
sowie Kontaktbeschränkungen nicht mehr gelten.
Anstatt dieser Vorgaben soll es dann regionale Maßnahmen abhängig vom
Infektionsgeschehen vor Ort geben. Dafür ist ein Grenzwert von 35
Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche im Gespräch.
Als Grund nannte Ramelow die niedrige Zahl der Infektionen. "Wir haben im März auf der Grundlage von Schätzungen von 60.000 Infizierten entschieden - jetzt haben wir aktuell 245 Infizierte", sagte der Regierungschef. Der Erfolg zeige, dass die harten Maßnahmen zurecht ergriffen worden seien, zwinge nun aber auch zu realistischen Konsequenzen. "Und das heißt: Für Thüringen empfehle ich die Aufhebung der Maßnahmen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur