Thierse rechnet mit SPD ab
Archivmeldung vom 04.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer langjährige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse fürchtet unter der neuen SPD-Führung einen Totalabsturz seiner Partei: "Eine Partei, die nicht lernt, eigene Regierungs-Leistungen auch zu loben, sondern durch ein Klima der Unzufriedenheit, der Verdächtigungen und des Hasses geprägt ist, wird keine Zukunft haben", betonte Thierse im "Tagesspiegel".
Da sei es völlig egal, wer an ihrer Spitze stehe. Angesichts der Verwerfungen in der SPD hält Thierse eine CDU/CSU-Minderheitsregierung unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel für eine realistische Option. Denn der Haushalt 2020 sei beschlossen. Merkel werde dann mit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft ab Mitte 2020 die "Königin Europas sein und die SPD kann nur noch meckern und mosern".
Die Wahl von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken werde das ganze Dilemma der SPD und ihre Haltung zur großen Koalition verschärfen, meinte Thierse. Die Logik der Personalentscheidung wäre der Ausstieg aus der Koalition, denn beide hätten mit dessen Erwartung den Mitgliederentscheid gewonnen, erklärte Thierse. Sie seien aber innerparteilich dafür wiederum gar nicht legitimiert, da beim Mitgliedervotum über den Eintritt in die Koalition mit rund 70 Prozent die Wahlbeteiligung höher war als nun bei der Entscheidung über den Vorsitz - und mit 66 Prozent sei auch die Zustimmung zur Koalition mit den Unionsparteien höher gewesen als jetzt bei der Vorsitzendenwahl: Esken und Walter-Borjans, sind von nur rund 53 Prozent gewählt worden.
"Ein Nichtausstieg jetzt beschädigt aber die Glaubwürdigkeit von Esken/Borjans", so Thierse. Ein Koalitionsausstieg dagegen gefährde wichtige Erfolge der SPD, "vor allem die Grundrente, ein Hauptprojekt der SPD, für das sie lange gekämpft hat". Wer die Koalition jetzt sprenge, werde bei der nächsten Wahl wohl dafür bestraft: "Sieger wird mit Sicherheit nicht die SPD sein, sondern vor allem die AfD und die Grünen."
Quelle: Der Tagesspiegel (ots)