SPD-Fraktionschef sieht Kanzlerin Merkel "mit dem Rücken an der Wand"
Archivmeldung vom 10.12.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sieht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beschlüssen der Union zur Integrationspolitik "mit dem Rücken an der Wand". Wenn eine Vorsitzende einen soeben gefassten Beschluss ihres eigenen Parteitags für falsch und folgenlos erkläre, sei dies "ein einzigartiger Vorgang", sagte Oppermann der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Merkel habe die Notbremse gezogen. "Das kann man nicht oft machen, wenn man den Parteivorsitz behalten will", betonte er weiter. Mit taktischen Manövern wolle die CDU-Basis Konservative und AfD-Wähler zurückgewinnen. "Neu ist, dass die Christdemokraten dafür in Kauf nehmen, die Parteichefin zu schwächen", meinte der SPD-Politiker.
Mit knapper Mehrheit hatte der CDU-Parteitag in Essen für eine Aufhebung des Koalitionskompromisses zur doppelten Staatsbürgerschaft für Ausländer gestimmt. In Interviews distanzierte sich Merkel kurz darauf davon. Er sehe daher keine Gefahr für den Fortbestand der Großen Koalition im Bund, sagte Oppermann. Für die Abschaffung des Doppelpasses für in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern gäbe es im Bundestag auch keine Mehrheit. "Ich erwarte, dass die Union zum Koalitionsvertrag steht. Wir haben noch viel zu tun, bevor im Sommer 2017 der Wahlkampf beginnt", sagte der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Bundestag. Die SPD wird nach seinen Worten die von der CDU geforderten Transitzonen ablehnen, in denen schon vor Grenzübertritt Flüchtlinge einem Schnellcheck unterzogen werden sollen. "Wir bleiben beim Nein. Ich halte Transitzonen zum Beispiel im Niemandsland zwischen Deutschland und Österreich für falsch", sagte Oppermann. Es seien Einrichtungen, die nicht wirklich helfen würden. "Zu einer solchen Situation darf es gar nicht mehr kommen, darum geht es doch", erklärte der SPD-Politiker. Richtig sei, die Fluchtursachen mit hohem finanziellen Einsatz vor Ort zu bekämpfen, die EU-Außengrenzen zu sichern, um kriminelle Schlepper auszuschalten, und die Aufnahme von Flüchtlingen zu ordnen und zu steuern, indem Kontingente verabredet würden.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)