Wahlforscher Jung sieht Risiko in Grünen-Kanzlerkandidatur
Archivmeldung vom 12.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Chef der Forschungsgruppe Wahlen, Matthias Jung, sieht in der Ausrufung eines Kanzlerkandidaten ein politisches Risiko für die Grünen. "Die Grünen stehen vor einer ambivalenten Entscheidung. Mit der Benennung eines Kanzlerkandidaten unterstreichen sie einen machtpolitischen Anspruch. Die Grünen stehen aber auch in Gefahr, sich lächerlich zu machen", sagte Jung dem "Tagesspiegel".
"Eine 15-Prozent-Partei hat selbst in einem zersplitterten
Parteiensystem keine Chance, den Kanzler zu stellen." Rein theoretisch
könnten "die Grünen noch erheblich zulegen. So wie die SPD vor der
Bundestagswahl 2021." In den jüngsten Umfragen liegen die Grünen
bundesweit bei zwölf Prozent.
Die Chancen Robert Habecks auf die
Kanzlerschaft hängen Jung zufolge maßgeblich von einer konjunkturellen
Erholung Deutschlands ab. "Habecks Erfolg wird maßgeblich von
Deutschlands wirtschaftlicher Entwicklung in den kommenden Monaten
geprägt sein", sagte Roth dem "Tagesspiegel": "Gelingt es ihm, dass
Deutschlands Wirtschaft wieder an Fahrt gewinnt? Und wenn ja, wird das
mit ihm in Verbindung gebracht? Wenn das nicht geschieht, wenn
Deutschland weiter die rote Laterne in Europa tragen wird, dann wird
Habeck als überfordert erscheinen."
In Deutschland gebe es "eine
sich verfestigende Anti-Grünen-Stimmung", sagte Jung. Dabei sei
Außenministerin Annalena Baerbock "eine etwas stärkere Reizfigur als
Habeck", während beide unter den Anhängern der Grünen sehr beliebt
seien. "Die Grünen werden wieder zu einer stark polarisierenden Partei:
Man ist dabei, oder man verabscheut sie", sagte Jung: "Starke Zustimmung
in den eigenen Reihen, starke Ablehnung im großen Teil der
Bevölkerung." Das erschwere es, Wähler in der politischen Mitte zu
gewinnen. Noch vor einigen Jahren hätten die Grünen auch bei vielen
Unions-Wählern durchaus Sympathien, "das geht zusehends verloren. Hinzu
kommt die an Stärke gewinnende AfD, deren Anhänger die Grünen extrem
ablehnen".
Quelle: dts Nachrichtenagentur