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Städte und Gemeinden wollen Bußgeldkatalog wieder entschärfen

Archivmeldung vom 20.06.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.06.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Dr. Gerd Landsberg Bild: Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V.
Dr. Gerd Landsberg Bild: Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V.

Zum Tag der Verkehrssicherheit an diesem Samstag (20. 6.) regen die Kommunen die Rücknahme strengerer Strafen an. "Die jüngste Verschärfung des Bußgeldkataloges stößt bei vielen Menschen auf völliges Unverständnis", sagte Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Dem neuen Bußgeldkatalog zufolge werde schon bei der erstmaligen und möglicherweise einmaligen Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit um innerorts 21 km/h und außerorts 26 km/h ein Fahrverbot verhängt, sagte Landsberg. "Man kann durchaus hinterfragen, ob es wirklich verhältnismäßig ist, wenn jemand, der vielleicht viele Jahre ,punktefrei' gefahren ist und einmalig einen solchen Verstoß begeht, schon mit einem Fahrverbot belegt wird."

Weiter sagte der DStGB-Hauptgeschäftsführer der NOZ: "Ein Mehr an Verkehrssicherheit und ein Weniger an Verletzten und Toten im Straßenverkehr erreichen wir aber nicht durch immer weitere Gängelung mit neuen und schärferen Regelungen, sondern durch ein Verkehrsklima, das durch gegenseitige Rücksicht und ständige Vorsicht geprägt ist." Landsberg klagte über "überzogene Maßnahmen und ideologische Konflikte": "Wenn die Menschen die Regelungen nicht mehr akzeptieren oder verstehen, erreichen wir das Gegenteil. Der Kampf um den Verkehrsraum wird zu sehr ideologisch geführt." Dabei gelte es auch zu bedenken, dass alle noch schärferen Ge- und Verbote neue Bürokratie auslösten und der Kontrollaufwand für die Städte und Gemeinden immer größer werde.

Überdies forderte Landsberg einen Abbau des "Schilderwaldes". Deutschlands Straßen seien von mehr als 20 Millionen Verkehrsschildern gesäumt. Bereits jetzt seien immer neue Schilder und immer detailliertere Bestimmungen für die Menschen kaum noch zu durchblicken. "Das gefährdet nicht nur die Akzeptanz der Regeln, sondern birgt auch die Gefahr, dass gerade die wichtigen Regelungen, zum Beispiel die Tempo-30-Zonen vor Schulen oder Kindergärten, zu wenig beachtet werden", warnte der DStGB-Hauptgeschäftsführer. Den Kommunen müsse es ermöglicht werden, "digitale Schilderkataster einzurichten, um damit den Schilderwaldabbau voranzutreiben".

Die politische Diskussion werde zu sehr vom Grundsatz getrieben "Je mehr Regeln, desto besser", kritisierte Landsberg. "Dabei ist die Bilanz der deutschen Verkehrspolitik insgesamt durchaus positiv. Im Jahr 1970 gab es noch 21.300 verkehrsbedingte Todesfälle in Ost- und West-Deutschland; 2018 waren es 3.275 Todesfälle in der Bundesrepublik."

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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