Nachwuchspolitiker prangern Zustände in Politik an
Mehrere Nachwuchspolitiker kritisieren die Zustände in der Politik in Deutschland. "Ich kann mir gerade nicht vorstellen, mit Ende vierzig noch im Bundestag zu sitzen", sagte der Grünen-Abgeordnete Bruno Hönel dem "Spiegel".
Zwar habe der Beruf auch viele schöne Seiten, "aber klar, teilweise ist
dieser Betrieb auch pervers". Ein Problem etwa ist für den 28-Jährigen
die Isolation. "Wenn man nach einem harten Tag dann in die stille
Wohnung kommt, kann das schwierig sein", sagte Hönel. "Manchmal fühle
ich mich auch einsam." Auch der Druck und das Pensum seien hoch.
Der
SPD-Abgeordnete Robin Mesarosch beschreibt die Schwierigkeiten, seiner
Rolle als Vater gerecht zu werden. "Familie und Politik sind nicht
vereinbar", sagte er dem "Spiegel". Faktisch müsse man sagen: "Mein Sohn
und die Politik stehen jetzt in einem zeitlichen Konkurrenzverhältnis.
Und das lässt sich nicht auflösen."
Im Alltag bleibe ein Großteil
der Arbeit an seiner Partnerin hängen, sagte der 33-Jährige. "Wenn ich
früher andere Männer erlebt habe, die behaupteten, nicht kürzertreten zu
können, habe ich das immer für eine faule Ausrede gehalten. Und jetzt
bin ich selbst in dieser Situation. Ich setze etwas fort, das ich
gesellschaftlich überwinden wollte. Das ist ein beschissenes Gefühl.
"Man könne beobachten, dass viele in der Politik mit der Zeit
dünnhäutiger würden, gereizter, sagte Mesarosch. "Ich will kein
Arschloch werden in der Politik."
Die 23-jährige Sozialdemokratin
Lilly Blaudszun berichtet von ihren Erfahrungen im Wahlkampf 2021: "Es
sind irre Zustände. Aber du hast gar keine Zeit, das zu checken, wenn du
da drinhängst. Man fängt um fünf Uhr morgens an zu arbeiten und ist
abends nur zu Hause, um ins Bett zu fallen." Es werde in der Politik auf
eine dauerhafte Erreichbarkeit bestanden, sagte Blaudszun.
Aufgrund
dieser Eindrücke habe sie mehrere Angebote ausgeschlagen, für
politische Ämter zu kandidieren. "Wenn ich den politischen Betrieb nicht
so jung von innen gesehen hätte, wäre meine Antwort vielleicht anders
ausgefallen", sagte Blaudszun. "Aber das, was ich gesehen habe, hat mich
abgeschreckt. Und das tut es immer noch."
Sie appelliert an die
Spitzenpolitik, eine andere Arbeitskultur vorzuleben: "Manches würde
sich schon vermeiden lassen, indem man einfach kein Egoist ist. Ruf
deine Leute nicht um 3 Uhr morgens an, wenn du eine Frage hast, sondern
zu einer normalen Arbeitszeit. Gönne dir und Menschen um dich herum
Pausen. Akzeptiere, dass nicht jedes Problem sofort gelöst werden kann."
Quelle: dts Nachrichtenagentur