Linnemann: "Wir werden nicht um jeden Preis regieren"
Archivmeldung vom 29.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićNach den Worten von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann behält sich die Union auch im Fall eines Sieges bei der nächsten Bundestagswahl vor, in die Opposition zu gehen. "Wir werden nicht um jeden Preis regieren", sagte Linnemann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
"Bei
dieser Wahl wird es auf die Inhalte ankommen wie seit Jahrzehnten nicht
mehr. Davon machen wir auch eine Regierungsbeteiligung in der nächsten
Legislaturperiode abhängig." Die CDU sei heute "mehr Programmpartei denn
je", so der Generalsekretär, der mit der Formulierung des
Grundsatzprogramms beauftragt war.
"Wir werden zusammen mit der
CSU ein Wahlprogramm schreiben. Danach wird es ein Sofortprogramm für
die ersten Regierungsmonate geben. Was wir durchsetzen, richtet sich
danach, wie viel Prozent wir holen." In den Umfragen liegt die Union
derzeit über 30 Prozent, die Ampelparteien sind zusammen nicht
wesentlich stärker.
Linnemann machte deutlich, dass er sich auf
vorgezogene Neuwahlen einstellt. Der von der Ampelregierung beschlossene
Haushalt für 2025 sei "hochgradig unseriös". Darüber könne die
Koalition ins Rutschen kommen, so der Generalsekretär. "Ich sehe die
Wahrscheinlichkeit, dass es zu vorgezogenen Neuwahlen kommt, bei 30
Prozent."
Das Alter von CDU-Chef Friedrich Merz - er wird in
diesem Jahr 69 - spricht nach Ansicht Linnemanns eher für seine
Kanzlerkandidatur. "In der jetzigen Zeit braucht es wirklich
Lebenserfahrung", sagte er. "Das Alter eines Kanzlerkandidaten ist für
mich überhaupt keine Kategorie. Ich halte es hier wie der Fußballtrainer
Otto Rehhagel: Es gibt keine alten oder jungen Spieler, sondern nur
gute oder schlechte."
Darauf angesprochen, dass CSU-Chef Markus
Söder und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bessere Umfragewerte
haben als Merz, entgegnete Linnemann: "Wer Kanzlerkandidat der Union
wird, der muss es wirklich wollen. Dieses Kriterium ist für mich am
wichtigsten." Sollte Merz ins Kanzleramt einziehen, würden sich drei
Dinge ändern, kündigte der CDU-Generalsekretär an.
Erstens
bekomme Deutschland "eine Führung, die entschlossen die großen
Herausforderungen angeht". Zweitens werde die Union "für einen
funktionierenden Staat arbeiten, in dem die Kita läuft, die Bahn fährt
und Frauen abends ohne mulmiges Gefühl in die Stadt gehen können". Und
drittens gehe es darum, verkrustete Strukturen aufzubrechen. "Wir
arbeiten bereits an einem Prozesshandbuch", berichtete Linnemann. Darin
würden Regeln für die Abstimmung zwischen den Ministerien, aber auch
konkrete Vorhaben festgehalten.
Zum Beispiel wolle die Union die
Zahl der Regierungsbeauftragten deutlich reduzieren. "Ein
Polizeibeauftragter etwa ist nicht nur überflüssig, sondern auch ein
Misstrauensvotum gegen die Polizei. Das wird es mit uns nicht geben",
sagte er. Linnemann erklärte, dass die CDU auch über einen Neuzuschnitt
der Ministerien diskutiere. "Das von der Ampel geschaffene
Bauministerium hat sich nicht bewährt", sagte er. "Dafür brauchen wir
meines Erachtens ein reines Digitalministerium, in dem die Zuständigkeit
für dieses entscheidende Feld gebündelt wird."
Quelle: dts Nachrichtenagentur