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Richterin beeinflusst? Schwere Vorwürfe gegen Justiz-Staatssekretär

Archivmeldung vom 17.06.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.06.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Hubert Böning
Hubert Böning

Bild: Land Sachsen-Anhalt / MJ LSA

Sachsen-Anhalts Justizstaatssekretär Hubert Böning (CDU) soll gegen die richterliche Unabhängigkeit verstoßen haben. Nach Informationen der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung wurde gegen ihn eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht. Der 57-jährige politische Spitzenbeamte steht demnach unter Verdacht, bei einer Richterin ein schnelles und eindeutiges Urteil verlangt zu haben.

Konkret wird Böning nach Informationen der Zeitung vorgeworfen, Ende Mai eine Richterin des Landgerichts Magdeburg angerufen und - am Ende vergeblich - die Vorverlegung einer Berufungsverhandlung verlangt zu haben. Der frühere Richter und Oberstaatsanwalt soll das damit begründet haben, dass der Angeklagte "ein schlimmer Finger" sei und schnell hinter Gitter müsse. Sollte der Vorwurf stimmen, dann hätte Böning ein schnelles Urteil zu Ungunsten des Angeklagten verlangt. Die Beschwerde hat nach MZ-Informationen der Richterrat - ein Gremium aus fünf Richtern, ähnlich einem Betriebsrat - bei der Justizministerin eingereicht mit der Bitte, einen Verstoß gegen die Richterliche Unabhängigkeit zu prüfen.

Bei dem Angeklagten in besagtem Verfahren handelt es sich laut Zeitung um Paul G., der aktuell vom Amtsgericht Quedlinburg zu einer Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung verurteilt wurde. Dagegen hat er Berufung eingelegt. Der 28-Jährige soll eine Elfjährige in Quedlinburg überfallen und leicht verletzt haben. G. hatte 2008 ebenfalls in Quedlinburg eine junge Frau vergewaltigt und mit 20 Messerstichen schwer verletzt. Er wurde nach mehrjähriger Jugendstrafe im Mai 2016 entlassen. G. ist Spross einer gewalttätigen Familie: Sein Bruder verbüßt eine lebenslange Haft. Er hatte seinen Vater erschossen, die Stiefmutter erschlagen und seinen Stiefbruder durch einen Kopfschuss schwer verletzt.

Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) äußerte sich auf Nachfrage der Zeitung nicht zu den Vorwürfen. "Ich bestätige den Eingang einer Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Staatssekretär", sagte ihr Sprecher Detlef Thiel dem Blatt. Die Ministerin äußere sich aber nicht zu laufenden Vorgängen, "die sich gegen Personal ihres Hauses oder des Geschäftsbereichs richten".

Im Landtag wird Keding sich äußern müssen. "Wenn hier versucht wurde, in die Richterliche Unabhängigkeit einzugreifen, ist das völlig indiskutabel in einem Rechtsstaat. Dann muss es politische Konsequenzen geben", sagte Linken-Justizexpertin Eva von Angern der Zeitung. Die Ministerin müsse zügig für Aufklärung sorgen.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (ots)

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