Hartz IV: Scholz droht Koalition mit Verfassungsklage
Archivmeldung vom 27.09.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz droht nach der vorläufigen Einigung der Koalition auf neue Hartz-IV-Regelsätze mit Verfassungsklage. "Die SPD-geführten Länder werden im Bundesrat keiner verfassungswidrigen Reform zustimmen", sagte er dem Berliner "Tagesspiegel".
"Wenn die Bundesregierung die Zahlen so lange manipuliert, bis sie auch der FDP passen, bereitet sie einen Verfassungsbruch vor. Ich kann Schwarz-Gelb nur davor warnen, die Daten fünf Mal durch die Rechenmaschine zu drehen", sagte er. Würden die Daten seriös ausgewertet, müsse es zu einer "substanziellen Erhöhung der Regelsätze" kommen, fügte Scholz hinzu.
Kraft nennt Hartz-IV-Erhöhung um fünf Euro "skandalös"
Die nordrhein-westfälische Regierungschefin Hannelore Kraft (SPD) hat die geringe Erhöhung der Hartz IV-Sätze als "skandalös" bezeichnet. Die Reform sei offenbar das "Ergebnis eines Koalitionsgeschachers", sagte Kraft den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe. Es sei nur um Rücksichtnahmen in der Koaltion und um die Kassenlage gegangen. Kraft ließ offen, wie sich NRW bei der Abstimmung über das Gesetz im Bundesrat verhalten wird. Die Aussage von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die Sätze für Kinder hätten nach den neuen Berechungen sogar gesenkt werden müssen, bezeichnete sie als "Nebelkerzen", die die wahren politischen Hintergründe verschleiern sollen.
SPD fordert Herausgabe von Rohdaten für Berechnung der neuen Hartz-Sätze
Manuela Schwesig, stellvertretende SPD-Chefin, fordert von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen die Herausgabe der Rohdaten, die zur Berechnung des neuen Hartz-IV-Reglsatzes geführt haben. Die SPD wolle selber nachprüfen, ob sich Schwarz-Gelb an die vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gehalten habe, sagte Schwesig im Gespräch mit der in Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen. Man werde den verdacht nicht los, so Schwesig, dass Schwarz-Gelb "geschachert hat, um die Erhöhung möglichst billig zu halten." Wenn das der Fall sei, werde die SPD im Bundesrat nicht zustimmen. Insgesamt räumt die SPD-Politikerin aus Mecklenburg-Vorpommern ein, dass Rot-Grün bei der ursprünglichen Festellung der Hartz IV-Sätze "Fehler gemacht hat." Deshalb nähmen gerade die Sozialdemokraten die Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts so ernst, die Berechnung der Regelsätze transparent und nachvollziehbar zu machen.
Quelle: Der Tagesspiegel / Westdeutsche Allgemeine Zeitung / Neue Westfälische