Historiker Sabrow warnt vor Weimar-Vergleichen
Archivmeldung vom 31.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttDer Historiker Martin Sabrow warnt vor Beginn der 20er-Jahre vor schiefen Vergleichen mit der Weimarer Republik. Dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland" sagte der Leiter des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam: "Der unreflektiert verwendete Weimar-Vergleich kann auch zum alarmistischen Problemverstärker werden, der die Gefahr noch schürt, die er abwehren will."
Der Weg der 1930er Jahre habe "von Weimar nach Buchenwald" geführt, der Weg der 2020er Jahre könne "vielleicht in eine andauernde Auseinandersetzung zwischen liberaler und illiberaler Demokratie" führen. Das sei "nicht schön, aber nicht dasselbe", so Sabrow. "Suggestiv verwendete Vergleiche bergen die Gefahr, dass wir die entschiedene Gelassenheit verlieren, die am ehesten dafür sorgen kann, dass der Rechtspopulismus wieder in der Bedeutungslosigkeit versinkt."
Dennoch sei der Vergleich mit der Weimarer Republik lehrreich, führte der Historiker aus: "Auf einer sehr abstrakten Ebene ist der Vergleich mit den Zwanziger Jahren so aktuell wie plausibel: Demokratie ist keine feste Burg. Sie ist fragil, sie kann sehr schnell den Boden der gesellschaftlichen Akzeptanz verlieren." Im Gegensatz zur Zeit vor 100 Jahren lebten wir heute in einer Epoche des "elektrifizierten Biedermeier", sagte Sabrow dem RND. "Unsere Zeit hat keine klaren Zukunftsperspektiven mehr. Wir versuchen uns die Gegenwa rt so angenehm wie möglich zu machen, und wenn Zukunft ins Spiel kommt, dann allenfalls als Dystopie, als negative Utopie und Sorge vor einer unbeherrschbaren Welt von morgen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur