Fromme: Aus Urteil des Tschechischen Verfassungsgerichts zur neuerlichen Anwendung der Benes-Dekrete Lehren ziehen
Archivmeldung vom 19.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittZur kürzlichen Anwendung der Benes-Dekrete auf den Fall des verstorbenen Fürsten Hugo Salm-Reifferscheidt, erklärt der Vorsitzende der Gruppe der "Vertriebenen, Flüchtlinge und Aussiedler" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jochen-Konrad Fromme MdB:
Die Benes-Dekrete sind in den Teilen, welche die Deutschen
betreffen, auch laut UN-Menschenrechtsausschuss völkerrechtswidrig
und sollten aufgehoben werden. Das Tschechische Innenministerium
sollte die Entscheidung des Verfassungsgerichts in Brünn zum Anlass
nehmen und die Entscheidung im Fall Salm-Reifferscheidt korrigieren.
Damit würde der Europäischen Union als Rechts- und Wertegemeinschaft
ein großer Dienst erwiesen.
Die FAZ hatte gestern gemeldet, dass das tschechische
Innenministerium dem 1946 verstorbenen Fürsten Hugo
Salm-Reifferscheidt unter neuerlicher Anwendung des Benes-Dekrets Nr.
33/1945 zum zweiten Mal die Staatsbürgerschaft abgesprochen habe.
Hugo Salm-Reifferscheidt war 1946 durch den zuständigen
Bezirks-Nationalausschuss eine provisorische Bescheinigung der
tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft ausgestellt worden, die ihn
als aktiven Gegner des Nationalsozialismus vor Enteignung und
Aussiedlung schützte. Die Bescheinigung sollte vom
Bezirks-Nationalausschuss an das Innenministerium zur endgültigen
Befürwortung weitergeleitet werden. Aber der Fürst starb 1946, das
Verfahren wurde nicht zu Ende geführt, und der Besitz der Familie
wurde beschlagnahmt.
Die Rückgabe des Eigentums ist in der Tschechischen Republik an
die Staatszugehörigkeit der Erben und des Erblassers gebunden. Um die
schon erfolgte Rückgabe der Salmschen Besitzungen rückgängig machen
zu können, hatte das Innenministerium das Verwaltungsverfahren wieder
aufgenommen und dem vor 56 Jahren verstorbenen Fürsten die
Staatsbürgerschaft nachträglich wieder entzogen. Dabei wurde das
Dekret Nr. 33/1945 vom Innenministerium angewendet.
Dass diese Vorschriften heute noch zur Anwendung kommen, stört das
Rechtsempfinden erheblich. Das Urteil des Tschechischen
Verfassungsgerichts in dieser Sache ist zu begrüßen. Die Brünner
Richter hatten befunden, dass das Innenministerium gegen Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, die in der
Verfassung verankert sind, verstoßen habe.
Aus diesem Urteil des Tschechischen Verfassungsgerichts sollten
die politisch Verantwortlichen in der Tschechischen Republik endlich
Lehren ziehen und im Sinne einer guten Entwicklung des
deutsch-tschechischen Verhältnisses den Teil der Benes-Dekrete
aufheben, der die Deutschen betrifft.
Quelle: Pressemitteilung CDU/CSU - Bundestagsfraktion