Schäuble beklagt sich schriftlich bei Zypries über Verfahrensweise bei BKA-Gesetz
Archivmeldung vom 18.01.2008
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittIm Zusammenhang mit Medienberichten über eine geplante Erweiterung von Abhörmaßnahmen auch auf Berufsgruppen wie Abgeordnete, Strafverteidiger und Geistliche ist es nach Informationen des Berliner "Tagesspiegel" zu einem Streit zwischen dem CDU-geführten Bundesinnenministerium und SPD-geführten Bundesjustizministerium gekommen.
In einem Brief an Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) beklagt sich Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) über Presseberichte, "der Bundesinnenminister belaste die Koalitionseinigung zum BKA-Gesetz mit nachgeschobenen und unabgestimmten Vorschlägen", wie es in dem Schreiben heißt. Schäuble, der Zypries und ihrem Ministerium in dem Brief indirekt Indiskretion vorwirft, sieht "in diesem Fall eine mutwillige - von wem auch immer zu verantwortende - Verletzung des zwischen uns und mit den Koalitionspolitikern verabredeten Verfahrens", wie es in dem Schreiben heißt, das dem Tagesspiegel vorliegt. "Soweit es in Ihrer Möglichkeit steht, möchte ich Sie daher bitten, darauf hinzwirken, dass künftig derartige Störungen des gedeihlichen Miteinanders in der Innen- und Rechtspolitik unserer Koalition unterbleiben", schreibt Schäuble. Im Jahr 2007 habe es "im Zuständigkeitsbereich unserer beiden Ressorts vermehrt vermeidbare Schwierigkeiten bei der politischen Konsensfindung über Gesetzgebungsvorhaben der Großen Koalition gegeben", heißt es in dem Schreiben. Deshalb habe die Koalition vereinbart, dass zunächst "die ordnungsgemäße Ressortabstimmung abgeschlossen sein müsse, bevor wir innerhalb der Koalition die politische Entscheidung treffen". Dies habe die Koalition verabredet, "um für den Rest der Legislaturperiode eben jene Schwierigkeiten gar nicht erst entstehen zu lassen". In den vergangenen Tagen war in den Medien darüber berichtet worden, dass Schäuble bei der Reform des BKA-Gesetzes einen Passus einfügen wolle, wonach der bisherige Abhörschutz für Abgeordnete, Strafverteidiger und Geistliche erforderlichenfalls entfallen solle. In dem Schreiben bemerkt Schäuble, dass dies "schon deshalb nicht stimmen kann, weil Gesetzentwürfe, die sich in der Ressortabstimmung befinden, per definitionem noch keine Ministerbilligung erfahren haben können".
Zypries weist Vorwürfe Schäubles zurück
Bundesjustizministerin Brigitte Zypris (SPD) hat Vorwürfe von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zurückgewiesen, der sie in einem Schreiben indirekt der Indiskretion im Zusammenhang mit dem geplanten BKA-Gesetz bezichtigt hatte. "Diesen Vorwurf weise ich zurück", heißt es in einem Antwortschreiben von Zypries vom Freitag, das dem Berliner "Tagesspiegel" vorliegt. "Solche Unterstellungen" seien "nicht hilfreich", schreibt die Justizministerin. Der Streit entzündete sich an Medienberichten der vergangenen Tage, wonach in dem Entwurf des BKA-Gesetzes der besondere Schutz von Abgeordneten, Strafverteidigern und Geistlichen bei Abhörmaßnahmen gegebenenfalls entfallen soll. Der Entwurf aus dem Hause Schäuble werfe "ernste verfassungsrechtliche Fragen auf" und enthalte einen Vorschlag für die Zusammmenarbeit zwischen Bund und Ländern, "an dessen Praktikabilität schon auf den ersten Blick erhebliche Zweifel bestehen müssen", schreibt Zypries nun an Schäuble. Sie habe insgesamt den Eindruck, "dass durch immer wieder neue Vorschläge Ihres Hauses die Probleme mit der Umsetzung des BKA-Gesetzes nicht kleiner, sondern größer werden".
Quelle: Der Tagesspiegel