ZDF-Politbarometer September III 2005
Archivmeldung vom 23.09.2005
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.09.2005 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie politische Stimmung in der Woche nach der Bundestagswahl zeigt vor allem die CDU/CSU gestärkt, sie liegt jetzt bei 41 Prozent. Die SPD kommt auf 35 Prozent, die FDP auf 8 Prozent, die Linkspartei.PDS auf 6 Prozent und die Grünen, jetzt vor den beiden anderen kleinen Parteien, auf 9 Prozent. 80 Prozent der Befragten äußern sich unzufrieden mit dem Wahlergebnis, 87 Prozent geben aber an, sie hätten selbst bei Kenntnis des Wahlausgangs nicht anders gewählt.
Wenn schon am nächsten Sonntag wieder Bundestagswahl wäre, würden
mit Kenntnis des Wahlergebnisses taktische Entscheidungen jetzt
etwas anders ausfallen und auch längerfristige Überzeugungen und
Bindungen an die Parteien eine Rolle spielen. Dies berücksichtigt
die Politbarometer-Projektion: Die CDU/CSU käme danach auf 37
Prozent (Bundestagswahl: 35,2 Prozent) und die SPD auf 35 Prozent
(BTW: 34,3 Prozent). Die kleinen Parteien lägen jeweils bei 8
Prozent, das bedeutet für die FDP (BTW: 9,8 Prozent) und die
Linkspartei.PDS (BTW: 8,7 Prozent) Verluste, die Grünen (BTW: 8,1
Prozent) würden praktisch unverändert bleiben. Die sonstigen Parteien
zusammen erhielten 4 Prozent (BTW: 3,9 Prozent). Damit hätte auch
jetzt weder eine Koalition aus CDU/CSU und FDP noch eine Koalition
aus SPD und Grünen eine parlamentarische Mehrheit.
Zwar wird keine der aktuell diskutierten Koalitionsvarianten von den
Befragten mehrheitlich unterstützt, die vergleichsweise beste
Beurteilung erhält aber eine große Koalition: 45 Prozent fänden eine
Koalition aus CDU/CSU und SPD gut und 43 Prozent schlecht (egal: 10
Prozent). Für eine Regierung aus CDU/CSU, FDP und Grünen sprechen
sich 36 Prozent aus und 50 Prozent lehnen dies ab (egal: 12
Prozent). Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP befürworten 30
Prozent (finden schlecht: 54 Prozent, egal: 13 Prozent) und ein
Bündnis aus SPD, Grünen und Linke.PDS nur 15 Prozent (finden
schlecht: 75 Prozent, egal: 8 Prozent). Dabei stehen die
Unionsanhänger einer Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen (64
Prozent) wesentlich aufgeschlossener gegenüber als einer großen
Koalition (41 Prozent). Im Vergleich dazu beurteilen die Anhänger
der SPD eine große Koalition (54 Prozent)positiver, aber auch eine
Ampelkoalition (51 Prozent) findet hier gleichermaßen Unterstützung.
Das ebenso diskutierte Modell einer Minderheitsregierung wird
äußerst skeptisch gesehen. Fast drei Viertel aller Befragten (74
Prozent) lehnen ein Regierungsbündnis ohne eigene Mehrheit im
Bundestag grundsätzlich ab, nur 17 Prozent fänden dies gut (weiß
nicht: 9 Prozent).
Wenn es zu einer Regierung unter Führung der CDU/CSU kommt, wünschen
sich 58 Prozent Angela Merkel als Bundeskanzlerin, 37 Prozent sähen
die Position aber lieber anders besetzt (weiß nicht: 6 Prozent). In
der eigenen Anhängerschaft sind 75 Prozent für Merkel als Kanzlerin
und 22 Prozent für jemand anderen (weiß nicht: 2 Prozent). Für den
Fall einer SPD-geführten Bundesregierung sprechen sich 62 Prozent
aller Befragten für Gerhard Schröder aus, 33 Prozent wollen dann
lieber jemand anderen als Bundeskanzler (weiß nicht: 5 Prozent).
Dabei verfügt Gerhard Schröder über einen wesentlich größeren
Rückhalt in seiner Parteianhängerschaft als Angela Merkel bei den
Anhängern der Union, denn der Wunschkanzler der SPD-Anhänger ist mit
91 Prozent Gerhard Schröder, nur 6 Prozent würden jemand anderen
bevorzugen (weiß nicht: 2 Prozent).
Bei der Beurteilung der zehn wichtigsten Politiker und
Politikerinnen liegt Christian Wulff weiterhin auf Platz eins, mit
einem verbesserten Durchschnittswert von 1,9 auf der Skala von minus
fünf bis plus fünf (Sept. II: 1,6). Danach Friedrich Merz mit 1,6
(Sept. II: 1,2) ebenfalls etwas besser beurteilt, gefolgt von Joschka
Fischer, der mit 1,4 deutlich zulegen konnte (Sept. II: 0,9). Dann
Angela Merkel wieder auf Platz vier mit leicht verbesserten 1,1
(Sept. II: 1,0), jetzt vor Gerhard Schröder, der mit 0,8 (Sept. II:
1,2) klar an Ansehen verliert. Aufgestiegen in den Positivbereich ist
Guido Westerwelle, der mit 0,6 (Sept. II: - 0,4) am stärksten zulegen
konnte. Es folgt Franz Müntefering mit 0,4 (Sept. II: 0,3) und dann
im negativen Bereich Edmund Stoiber mit minus 0,6 (Sept. II: minus
0,7). Am Schluss wieder Gregor Gysi mit minus 1,3 (Sept. II: minus
1,1) und Oskar Lafontaine unverändert mit minus 1,9.
Nachdem die Bundestagswahl nicht zu klaren Mehrheitsverhältnissen
geführt hat, sind die Befragten hinsichtlich einer weiteren Neuwahl
gespalten: 47 Prozent plädieren für und 50 Prozent gegen eine
baldige Wiederwahl des Bundestags.
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer
Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der
Zeit vom 20. bis 22. September 2005 bei 1345 zufällig ausgewählten
Wahlberechtigten telefonisch geführt. Die Befragung ist
repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz
Deutschland. Die Fehlertoleranz bei den großen Parteien beträgt 2,7
Prozentpunkte, bei den kleineren 1,4 Prozentpunkte.
Quelle: Pressemitteilung ZDF