Wachsendes Staatsdefizit verhindert Steuerreformen
Archivmeldung vom 14.01.2009
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.01.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Oliver RandakPeer Steinbrück, der von der SPD gestellte Bundesfinanzminister, mahnte alle Parteien zur Ehrlichkeit im Wahlkampf, beispielsweise bezüglich der 27,5 Milliarden Euro teuren Beseitigung des "Mittelstandsbauchs" bei den Steuern.
Peer Steinbrück (SPD) rechnet damit, dass Deutschland im kommenden Jahr ein Staatsdefizit von mehr als vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen wird. Damit würde die Bundesrepublik das Defizitkriterium des EU-Stabilitätspakts deutlich verfehlen. Der „Financial Times Deutschland“ vom Mittwoch sagte Steinbrück: „Für 2009 erwarte ich, dass wir die Neuverschuldungsgrenze von drei Prozent des BIP einigermaßen werden einhalten können. 2010 werden wir dagegen wohl über vier Prozent liegen.“
Das Haushaltsjahr 2008 sei dagegen trotz der beginnenden Krise besser
gelaufen als geplant. Steinbrück sagte, der Bund habe die vorgesehene
Neuverschuldung von 11,9 Milliarden Euro leicht unterschritten und mit
einem Defizit von 11,6 Milliarden Euro abgeschlossen.
Große
Steuerreformen seien in den kommenden zehn Jahren nicht zu finanzieren,
sagte Steinbrück und mahnte zu Ehrlichkeit im Bundestagswahlkampf:
„Alle, die im Wahlkampf zum Beispiel die Beseitigung des
Mittelstandsbauchs im Steuertarif versprechen, werden das nicht
durchhalten, wenn sie an der Regierung sind. Das würde 27,5 Milliarden
Euro kosten.“ Ähnlich äußerte sich FDP-Generalsekretär Dirk Niebel in
der „Fuldaer Zeitung“: „Schon kurzfristig reduzieren die 50 Milliarden
Euro den Spielraum für eine dringend notwendige Reform der
Steuerstruktur.“
Etwas weniger deutlich drückte sich
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus. Sie sagte am Dienstagabend in
der ARD-Sendung „Farbe bekennen“: „Wir brauchen eine Strukturreform,
aber natürlich müssen wir erst einmal wieder in eine Phase
wirtschaftlicher Erholung kommen.“ Auch sei eine große Steuerreform
nicht in einem Schritt zu bewältigen.
Die Abflachung des sogenannten Mittelstandsbauchs, der mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer überproportional belastet, gehört ebenso wie die Abschaffung der „kalten Progression“ zu den wichtigsten Forderungen nach einer großen Steuerreform. Die kalte Progression sorgt dafür, dass die Bürger durch steigende Gehälter immer höhere Steuersätze zahlen müssen. Das deutsche Steuersystem gilt mit seinen diversen Sonderregelungen zudem als eines der kompliziertesten der Welt.