Grünenchefin Claudia Roth erstattet Strafanzeige gegen sächsischen NPD-Landtagsabgeordneten Menzel
Archivmeldung vom 28.09.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Klaus-Jürgen Menzel gerät nach der Verherrlichung Hitlers zunehmend unter Druck. Nach dem Zentralrat der Juden wird auch die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, Strafanzeige gegen den Rechtsextremisten erstatten. Der SPD-Vorstand prüft ebenfalls, ob er sich an die Justiz wendet. Menzel hatte, wie berichtet, in einem am Donnerstag ausgestrahlten Beitrag des ARD-Magazins "Kontraste" gesagt, "ich halte den Führer nach wie vor für einen großen Staatsmann, vielleicht einen der größten, den wir je gehabt haben".
Der Zentralrat der Juden nahm Menzels Worte zum Anlass, eine Strafanzeige anzukündigen.
Sie
werde am heutigen Mittwoch eingereicht, sagte der für den Zentralrat
tätige Düsseldorfer Anwalt Lothar Lindenau, dem Tagesspiegel.
Grünenchefin Claudia Roth schließt sich dem Zentralrat an,
"weil es Aufgabe aller Demokraten ist, sich gegen die Verherrlichung
Hitlers juristisch zu verwahren". Menzels Äußerungen seien "absolut
unerträglich", sagte Roth am Dienstag dem Tagesspiegel. Was er von
sich gegeben habe, zeige, "wie gefährlich die NPD ist".
Laut SPD-Vorstandsmitglied Niels Annen wird die Parteispitze
überlegen, ob sie auch mit einer Strafanzeige gegen Menzel vorgeht.
Die im März vom Bundestag beschlossene Ergänzung des
Volksverhetzungsparagrafen im Strafgesetzbuch "muss sich bewähren",
sagte Annen dem Tagesspiegel. Das Parlament hatte den Paragrafen 130
um den Absatz 4 erweitert. Demnach macht sich strafbar, "wer
öffentlich oder in einer Versammlung den öffentlichen Frieden in
einer die Würde der Opfer verletzenden Weise dadurch stört, dass er
die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft billigt,
verherrlicht oder rechtfertigt". Der Fall Menzel sei nun ein weiterer
"Lackmustest, ob der Bundestag etwas erreicht hat mit der
Verschärfung des Gesetzes", sagte die Vorsitzende des
Innenauschusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), dem Tagesspiegel.
Bei dem Verbot des von Neonazis für vergangenen August geplanten
Rudolf-Heß-Marsches im fränkischen Wunsiedel habe sich der erweiterte
Paragraf schon bewährt.
Auch in der NPD bekommt Menzel Probleme. Parteivorstand und
Fraktion "werden beraten, ob es Konsequenzen gibt", sagte
Fraktionssprecher Holger Szymanski dem Tagesspiegel. Menzel selbst
war nicht zu erreichen. Auf die Frage, warum die NPD auf Distanz zu
Menzel gehe, obwohl Parteichef Voigt vor einem Jahr in einem
Interview Hitler als "großen deutschen Staatsmann" bezeichnet hatte,
gab Szymanski eine unerwartet kritische Antwort: Mehrere
NPD-Abgeordnete hätten damals Voigts Äußerung "für nicht sehr
hilfreich gehalten".
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel