Mecklenburg-Vorpommern: AfD-Fraktion klagt gegen Nachtragshaushalt
Archivmeldung vom 16.06.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie AfD-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern hat am 8. Juni 2021 eine Organklage beim Landesverfassungsgericht gegen den Zweiten Nachtragshaushalt 2020 eingereicht. Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz und das dazu gehörige Haushaltsbegleitgesetz wurden am 9. Dezember 2020 vom Landtag gegen die Stimmen der AfD bei Zustimmung der übrigen Fraktionen beschlossen.
Der Zweite Nachtragshaushalt 2020 ermöglicht der Regierung entgegen den Bestimmungen der verfassungsmäßigen „Schuldenbremse“ zum Zwecke der Bekämpfung der Corona-Pandemie weitere Kredite in Höhe von 2,15 Milliarden Euro aufzunehmen. Zusammen mit dem ersten Nachtragshaushalt 2020 wird dem Finanzministerium damit eine Kreditaufnahmeermächtigung in Höhe von 2,85 Milliarden Euro zur Finanzierung von Maßnahmen gegen die Corona-Krise erteilt.
Hierzu erklärt der Abgeordnete der AfD-Fraktion, Dr. Gunter Jess: „Die Kreditermächtigung des Zweiten Nachtragshaushalts in Höhe von 2,15 Milliarden Euro verletzt die in der Verfassung verankerte „Schuldenbremse“ des Landes, indem weder ein hinreichender zeitlicher, noch ein sachlicher Zusammenhang zwischen den durch die Kredite zu finanzierenden Maßnahmen und der Corona-Pandemie besteht. Allein ein solcher Verursachungszusammenhang mit der Notsituation kann eine Ausnahme von dem ansonsten nicht zur Disposition stehenden Verbot der Kreditaufnahme zulassen.
Die Kreditermächtigung der Regierung verletzt das dem Landtag zustehende Budgetrecht, das darin besteht, dass allein dieser den Haushalt des Landes beschließen kann, wobei er an die Vorgaben der Verfassung gebunden ist. Hierzu gehört auch, dass der Landtag den Haushalt für jedes Haushaltsjahr getrennt feststellen muss. Die Kreditermächtigung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes besteht aber über das Haushaltsjahr hinaus auf unbestimmte Zeit.
Das Budgetrecht des Landtags wird weiter dadurch verletzt, dass die Kreditermächtigung in voller Höhe dem Sondervermögen „MV-Schutzfonds“ zu Gute kommen soll. Dadurch werden Mittel in unzulässiger Höhe und unter unpräzisen Zweckbestimmungen vom regulären Haushalt separiert und es entsteht ein vom Parlament abgekoppelter Parallelhaushalt. Die Landesregierung legt sich auf diese Weise eine Reserve an, über die sie dann nach Gutdünken verfügen kann.
Die Handlungen der derzeitigen Regierung schränken die Möglichkeiten der jungen Generation und künftiger Landes- und Kommunalhaushalte in erheblichem Maße ein. Bis 2045 sind jährliche Tilgungen von 142,5 Mio. Euro zu leisten, Das Geld wird dann für Infrastruktur und Kultur fehlen.“
Der Abgeordnete Christoph Grimm ergänzt: „Der Zweite Nachtragshaushalt verletzt nicht nur das Budgetrecht des Landtags, sondern auch das Statusrecht seiner Abgeordneten, an der Debatte über den Haushalt in verfassungsgemäßer Weise teilnehmen und über diesen abstimmen zu können. Die Notlagenkreditermächtigung, von der im Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz Gebrauch gemacht wird, ist eine Ausnahme von der Regel, dass keine Schulden aufgenommen werden dürfen. Sie ist deshalb eng auszulegen. Die verfassungsrechtlichen Haushaltsprinzipien gelten hier erst recht und so kann eine Notlagenkreditermächtigung nicht auf unbestimmte Zeit erteilt werden, sondern die zugrundeliegende Notlage muss, wie ein regulärer Haushalt, zumindest jährlich aufs Neue durch das Parlament festgestellt werden. Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 sieht eine solche Begrenzung nicht vor.
Auch die Änderung des Sondervermögensgesetzes „MV-Schutzfonds“ verstößt gegen diese Abgeordnetenstatusrechte. Die Mittel- und Zweckerweiterung des Schutzfonds verwandelt diesen geradezu in einen Schattenhaushalt. Dessen Mittel sind über das Haushaltsjahr hinaus gebunden, den regulären Haushaltsberatungen entzogen und ihre konkrete Verwendung ist im Sondervermögensgesetz ‚MV-Schutzfonds‘ sowie in dem zugrundeliegenden Wirtschaftsplan nur sehr unzureichend definiert.“
Die AfD hatte dem Zweiten Nachtragshaushalt im Landtag u. a. deshalb nicht zugestimmt und neben den bereits erwähnten Punkten auch gerügt, dass die im Haushalt vorhandenen Rücklagen nicht zur Pandemie-Bekämpfung genutzt werden sollten. Zumindest die Ausgleichsrücklage und Einsparungen im laufenden Haushalt hätten vor einer Kreditermächtigung genutzt werden müssen.
Quelle: AfD Deutschland