Abschuss von "Terrorflugzeugen": SPD kritisiert Vorstoß für Grundgesetzänderung
Archivmeldung vom 09.04.2014
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 09.04.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, hat den Vorstoß der Union zur Änderung des Grundgesetzes zur Erleichterung des Einsatzes gegen "Terrorflugzeuge" kritisiert.
"Ich würde es begrüßen, wenn der zuständige Minister darüber zunächst mit den Fraktionen spricht, ob sie das überhaupt wollen und zwar mit Fraktionen des ganzen Parlaments. Das wäre der korrekte Umgang", sagte Arnold der "Berliner Zeitung" mit Blick auf Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). "Über die Sache selbst wird man dann reden können." Arnold fügte hinzu: "Man sollte das Gespräch suchen, bevor man so etwas öffentlich macht und bevor man eine Grundgesetzänderung auf den Tisch legt. Das ist auch eine Stilfrage. Eine Verfassungsänderung ist kein normales Gesetz."
Linkenchef Riexinger ist gegen eine Grundgesetzänderung zum erleichterten Abschuss von Terror-Flugzeugen
Der Vorsitzende der Linkspartei, Bernd Riexinger, lehnt eine Grundgesetzänderung zur Erleichterung des Abschusses von Terrorflugzeugen ab. "Ich warne die große Koalition vor einem Missbrauch ihrer verfassungsändernden Mehrheit", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung" (Online-Ausgabe). "Wenn die schon ein halbes Jahr nach der Wahl auf so eine Idee kommen, dann müssen wirklich bei allen Demokraten die Alarmglocken schrillen. Das landet mit ziemlicher Sicherheit wieder in Karlsruhe, falls nicht der Bundespräsident schon das Stopp-Signal sendet. So kann keine Regierung mit dem Recht auf Leben und Unversehrtheit ihrer Bürger umgehen. Ein Minister in einer Demokratie ist Diener des Volkes und nicht Richter über Leben und Tod." Der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, warnte in der "Mitteldeutschen Zeitung": "Bei einem Verkehrsflugzeug haben sie zumindest immer die Besatzung an Bord, wenn nicht sogar Passagiere." Zudem müssten die Entscheidungen in wenigen Minuten getroffen werden. "Das ist eine ganz schwierige Kiste." Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will dem Verteidigungsministerium in einer Grundgesetzänderung die alleinige Entscheidungsgewalt übertragen. Allerdings ist seit einem Verfassungsgerichtsurteil von 2006 klar, dass Terrorflugzeuge nur dann abgeschossen werden dürfen, wenn sich ausnahmslos Terroristen an Bord befinden.
FDP sieht "Einfallstor für Einsatz der Bundeswehr im Innern"
Die FDP hat die Pläne zu einer Verfassungsänderung für den Abschuss entführter Flugzeuge scharf kritisiert. "Hier soll ein Einfallstor für Exekutivbefugnisse zum Einsatz der Bundeswehr im Innern unter dem Deckmantel der Terrorabwehr geschaffen werden", sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Damit schreite die "Militarisierung der Politik der schwarz-roten Koalition weiter voran".
SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold signalisierte dagegen Zustimmung. "Es gibt einen kleinen Handlungsbedarf", erläuterte er. Dabei gehe es nicht um den ohnehin untersagten Abschuss von entführten Passagierflugzeugen. Doch es sei immerhin denkbar, dass Terroristen Kleinflugzeuge chartern und mit Sprengstoff beladen. Darauf militärisch zu reagieren, könne nach derzeitiger Rechtslage erst nach einer Abstimmung im gesamten Bundeskabinett entschieden werden. "Das ist wirklichkeitsfremd, deshalb müssen wir darüber reden", erklärte Arnold.
Quelle: dts Nachrichtenagentur / Mitteldeutsche Zeitung / Rheinische Post (ots)