Werbeverbote verfassungsrechtlich fragwürdig und gesundheitspolitischer Rückschritt
Archivmeldung vom 10.12.2019
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Freigeschaltet durch André OttDie CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in ihrer heutigen Sitzung mehrheitlich für ein de facto vollständiges Verbot der Werbung für Tabakprodukte und E-Zigaretten gestimmt. Damit soll erstmals in Deutschland die Werbung für gegenüber Erwachsenen frei handelbare Produkte untersagt werden.
Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Tabakwirtschaft und neuartiger Erzeugnisse (BVTE) Jan Mücke äußerte sich enttäuscht über die Entscheidung der Unionsabgeordneten und verwies auf die hohen verfassungsrechtlichen Hürden, die einem Verbot entgegenstehen: "Das geplante Nutzungsverbot aller medialen Werbeplattformen bedeutet für die betroffenen Unternehmen faktisch ein Kommunikationsverbot in der allgemeinen Öffentlichkeit. Für diese beispiellosen Einschränkungen der Grundrechte der Meinungs- und Berufsfreiheit des Grundgesetzes fehlt eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung."
Mücke kritisierte, dass mit dem Unionsbeschluss die Außenwerbung für potenziell risikoreduzierte Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer ebenfalls verboten werden solle: "Diese Verbote wären nicht nur ein verfassungsrechtlich fragwürdiger Eingriff in die Grundregeln freier Märkte. Das geplante Außenwerbeverbot für E-Zigaretten und Tabakerhitzer bedeutet zugleich einen gesundheitspolitischen Rückschritt. Die Verbraucher können zukünftig kaum noch über die geringere Schädlichkeit dieser Produkte informiert werden."
Der BVTE mahnte an, in dem nun folgenden legislativen Verfahren eine ordnungsgemäße Anhörung der betroffenen Wirtschaft sicherzustellen: "Angesichts der Tragweite der Entscheidung muss die Werbe-, Tabak- und E-Zigarettenwirtschaft ihre Argumente gegen die geplanten Verbote vorbringen können. Die Abgeordneten haben ein Anrecht darauf, sich vor einer Abstimmung ein umfassendes Bild zu machen." Es sei insbesondere zu befürchten, dass die neue Verbotspolitik von CDU, CSU und SPD nicht bei Tabak und E-Zigaretten halt machen werde und dieser ordnungspolitische Dammbruch zu weiteren Werberestriktionen führen wird - etwa für alkoholische Getränke.
Der heutige Verbotsbeschluss der Union wird mit den vermeintlich "spürbaren Auswirkungen" der Tabakwerbung auf den Konsum von Jugendlichen und jungen Erwachsenen begründet. Der aktuelle Drogen- und Suchtbericht 2019 der Drogenbeauftragten der Bundesregierung widerspricht hingegen dieser Auffassung. Darin stellt die Drogenbeauftragte fest, dass sich der Anteil rauchender Jugendlicher in den vergangenen zehn bis 15 Jahren um zwei Drittel verringert hat und die Raucherprävalenz unter Erwachsenen ebenfalls seit 1997 kontinuierlich zurückgeht. Zudem konsumiert nur ein sehr geringer Anteil Minderjähriger E-Zigaretten (0.9 Prozent in 2019).
Der Beschluss der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sieht vor, die Außenwerbung für Tabakprodukte ab 2022 zu verbieten. Für Tabakerhitzer und E-Zigaretten soll das Außenwerbeverbot ein bzw. zwei Jahre später in Kraft treten. Zudem ist ein faktisches Verbot der Kinowerbung und der kostenlosen Abgabe zu Werbezwecken von Zigaretten und Tabak zum Selberdrehen geplant. In Fernsehen, Radio, Internet, Zeitungen und Zeitschriften ist die kommerzielle Kommunikation für Tabakprodukte und nikotinhaltige E-Zigaretten bereits heute untersagt.
Quelle: Deutscher Zigarettenverband e.V. (ots)