Ostdeutsche Ökonomen kritisieren Ost-Offensive von CDU und SPD
Archivmeldung vom 29.01.2019
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Freigeschaltet durch André OttBei ostdeutschen Wirtschaftswissenschaftlern sorgen die Beschlüsse von CDU und SPD für eine Ost-Offensive für Kritik. "Die Maßnahmen, die CDU und SPD vorschlagen, werden nicht dazu führen, dass Ostdeutschland gegenüber dem Westen wirtschaftlich aufholt", sagte Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik am Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) der "Welt".
"Wohnortnahe Kindergärten und Schulen sind sicherlich sinnvoll, aber tragen nicht zum wirtschaftlichen Aufholprozess bei. Das gilt für die meisten anderen Punkte in den Plänen genauso." IWH-Ökonom Holtemöller fordert von der Politik mehr Ehrlichkeit gegenüber den Bürgern in Ostdeutschland. "Grundsätzlich kommt es sehr selten vor, dass wirtschaftlich schwache Regionen zu den stärkeren aufholen", sagte Holtemöller. "Kreise, die heute relativ wirtschaftsschwach sind, werden mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch in 10 oder 20 Jahren noch die schwächsten Kreise in Deutschland sein. Das zeigt die Erfahrung in Westdeutschland und daran können Unternehmenssubventionen oder andere staatliche Maßnahmen kaum etwas ändern." Kritik kommt auch von Karl-Heinz Paqué, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Magdeburg: "Mit den Vorschlägen der Parteien wird an Symptomen laboriert, ohne die eigentliche Wurzel des Problems anzugehen", sagte Paqué der "Welt".
"Der Osten leidet an dem anhaltenden wirtschaftlichen Rückstand gegenüber dem Westen, bei der Produktivität pro Kopf, bei der industriellen Erschließung und vor allem beim niedrigen Anteil von Forschung und Entwicklung an der Wertschöpfung. Dass Löhne niedriger sind, ist ein Folge davon, nicht die Ursache." Der Volkswirt und FDP-Politiker war von 2002 bis 2006 Finanzminister in Sachsen-Anhalt und ist seit September 2018 Vorsitzender der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung. "Die Vorhaben von CDU und SPD sind purer Wahlkampf", sagte auch Joachim Ragnitz, der stellvertretende Geschäftsführer der Niederlassung Dresden des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. "Populistische Vorschläge wie die Rentenangleichung vorzuziehen oder eine Grundrente für Geringverdiener richten sich unverhohlen an die große Gruppe der Wähler im Rentenalter. Das ist alles sehr durchsichtig und das werden die Wähler auch durchschauen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur