Dessauer Polizeiaffäre: Linksfraktion droht mit Untersuchungsausschuss
Archivmeldung vom 28.06.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Regierung von Sachsen-Anhalt hielt die Dessauer Polizeiaffäre schon für beendet, doch das Gegenteil ist der Fall. Die Linksfraktion im Landtag droht jetzt mit einem Untersuchungsausschuss. Anlass sind die Repressalien, denen zwei der drei Beamten der Polizeidirektion Dessau ausgesetzt sind, die vor einiger Zeit ein Fehlverhalten des Vizechefs der Behörde, Hans-Christoph Glombitza, protokolliert hatten.
Die
Staatsanwaltschaft Dessau hat deshalb vor wenigen Tagen nach einem
Hinweis aus der Führung der Polizeidirektion ein Ermittlungsverfahren
gegen einen der drei Staatsschützer eingeleitet - weil er in einem
Schreiben eine strafbare Handlung Glombitzas behauptet haben soll,
ohne sie dann anzuzeigen.
Es bestehe der "Verdacht des Versuchs einer Strafvereitelung im Amt",
sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Folker Bittmann am Donnerstag dem
Tagesspiegel. Die Staatsanwaltschaft hatte es im Mai allerdings
abgelehnt, gegen Glombitza selbst zu ermitteln. Ohne ihn oder die
drei Beamten befragt zu haben.
Dem zweiten Beamten wurde unterdessen, wie es im Umfeld der
Polizeidirektion hieß, vom Innenministerium das Studium an der
Deutschen Polizeihochschule in Münster verwehrt. Der Beamte will
klagen. Im Ministerium hieß es lapidar, nach einem abgeschlossenen
Auswahlverfahren "ist der Rechtsweg offen".
Die Staatsschützer hatten, wie berichtet, in einem Gesprächsprotokoll
Glombitza vorgehalten, er habe gefordert, die Bekämpfung rechter
Delikte zu bremsen. Glombitza soll sich auch verächtlich über die von
der Landesregierung initiierte "Hingucken!"-Kampagne gegen
Rechtsextremismus geäußert haben. Auf Antrag des Innenministeriums
untersuchte der Rektor der Fachhochschule der Landespolizei den Fall.
Er bescheinigte Glombitza "fachliches Fehlverhalten", konnte aber
kein Dienstvergehen feststellen.
Der Umgang mit den Staatsschützern sei "skandalös", sagte der Chef
der Linksfraktion, Wulf Gallert, am Donnerstag dem Tagesspiegel. Es
werde versucht, die Beamten "ins Abseits zu drängen und mundtot zu
machen". Die Linksfraktion sähe sich "zu einem Untersuchungsausschuss
gezwungen, wenn Landesregierung und Polizeidirektion nicht dafür
sorgen, dass die Staatsschützer rehabilitiert werden", sagte Gallert.
Die Fraktion mit 26 Abgeordneten könne einen Untersuchungsausschuss
alleine durchsetzen.
Als "völlig unverständlich" empfindet Gallert zudem das Verhalten der
Staatsanwaltschaft. Dem schließt sich sogar das Innenministerium an:
Es sei nicht nachzuvollziehen, "auf welcher Basis die
Staatsanwaltschaft Ermittlungsbedarf sieht", hieß es. Bei der
Polizeidirektion Dessau war keine Stellungnahme zu erhalten.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel