Präsident der kulturpolitischen Gesellschaft: Wir brauchen eine neue Herkunftsgewissheit
Archivmeldung vom 04.07.2022
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.07.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićTobias Knoblich fordert eine neue Diskussion um kulturelle Identität. "Wir brauchen einen neuen kulturellen Konsens, eine Herkunftsgewissheit. Wir müssen die Frage nach Herkunft und Identität wieder mehr stellen", sagte der Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Knoblich kritisierte die "Dekonstruktion" kultureller Identität. "Wir leben in einer permissiven Gesellschaft, in der viele Einzelinteressen eine Rolle spielen. Die Frage ist nur, was unsere Gesellschaft gerade auch kulturell zusammenhält", sagte Knoblich, der auch Erfurter Kulturdezernent ist.
Die gesellschaftliche Entwicklung hat nach Knoblichs Worten auch Gewissheiten der Kulturpolitik relativiert. "Die Sicherheit kulturpolitischer Setzungen ist geschwunden. Die Corona-Pandemie hat diesen Prozess beschleunigt. Konzepte wie Kulturstaat oder Kulturbürger spielen nicht mehr die Rolle, die sie einmal hatten", sagte Tobias Knoblich. Das zeigt sich seiner Ansicht nach auch an den Besucherzahlen von Kulturveranstaltungen. "Die bürgerliche Kultur hat es nach den Lockdowns sehr schwer, an die Besucherzahlen, die vorher erreicht wurden, anzuknüpfen", so Knoblich.
Die Corona-Pandemie habe umgekehrt das Interesse für unterhaltende Kultur verstärkt. "Umgekehrt werden Open-Air-Veranstaltungen mit Zerstreuungscharakter sehr gut angenommen. Die Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Geselligkeit, danach, herauszukommen aus den Gebäuden", stellte Knoblich fest. Seiner Ansicht müsse es jetzt darum gehen, das Publikum wieder mehr für ernste Themen der Kultur zu interessieren.
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)