Experten sehen eigenständiges Digitalministerium mit Skepsis
Archivmeldung vom 18.03.2021
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.03.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie Berliner Stiftung Neue Verantwortung sieht Überlegungen, die Digitalpolitik des Bundes nach der Bundestagswahl in einem eigenen Ministerium zu bündeln, mit Skepsis. Die Politik neige dazu, Probleme über die Einrichtung einer neuen Behörde lösen zu wollen, schreibt Stiftungsvorstand Stefan Heumann in einer Analyse, über die das "Handelsblatt" berichtet.
Es reiche aber nicht, Zuständigkeiten, Abteilungen und Referate auf Organigrammen hin und her zu schieben: "Handlungsfähigkeit gewinnen wir nicht mit dem x-ten digitalpolitischen Programm zurück, sondern nur, wenn wir die längst überfällige Modernisierung von Regierung und Verwaltung angehen." Ein Digitalministerium sei nur sinnvoll, wenn dieses als Impulsgeber und Treiber für die Transformation von Regierung und Verwaltung fungiere, so Heumann. Und zugleich müsse es den Weg aus der "Komplexitätsfalle" weisen, in der die deutsche Digitalpolitik feststecke. Wichtig sei auch, dass "der Spirit stimmt: ermöglichen, loslegen, machen".
Genau dieser Geist fehle bislang oft. "Regierung und Verwaltung sind streng hierarchisch und in eng umrissenen und klar voneinander abgetrennten Zuständigkeiten organisiert." In Zeiten schnellen Wandels müsse der Staat aber offen für Expertise von außen sein. Bislang fänden sich nur wenige angesehene Experten aus Privatwirtschaft, Wissenschaft oder Zivilgesellschaft auf Führungspositionen in den Behörden. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Dieter Janecek pflichtet dem Befund bei: "Wer sich die Lösung aller digitalpolitischen Defizite durch ein Digitalministerium erhofft, wird enttäuscht werden", sagte der Sprecher für Industriepolitik und digitale Wirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion dem "Handelsblatt". Ein Verschieben von Abteilungen ohne eine neue Innovationskultur bringe wenig. Der Präsident des IT-Verbands Bitkom, Achim Berg, hält es dagegen für unabdingbar, nach der Bundestagswahl "ein richtig starkes Digitalministerium" einzurichten. Dieses müsse bei Kernprojekten innerhalb der Bundesregierung die Federführung übernehmen, Koordinierungsrechte gegenüber anderen Ressorts erhalten und mit den nötigen Ressourcen ausgestattet sein. "Wir dürfen uns nicht in Zuständigkeitswirrwarr und Blockaden verheddern", sagte Berg der Zeitung.
Quelle: dts Nachrichtenagentur