SPD-Vorstand Scheer rechnet nicht mehr mit Bahnprivatisierung
Archivmeldung vom 18.09.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.09.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer SPD-Vorstand Hermann Scheer geht davon aus, dass die geplante Bahnprivatisierung nicht realisiert wird. "Sie kommt nicht. Davon bin ich überzeugt" sagte Scheer im Interview mit stern.de, dem Online-Magazin der Hamburger Zeitschrift stern.
Als
Gründe nannte Scheer den Widerstand in der Bevölkerung, den Ländern
und innerhalb der SPD. Unter den 222 sozialdemokratischen
Abgeordneten im Parlament sei die "überwiegende Mehrheit" gegen die
Börsenpläne, auch wenn sie aus Parteiräson eventuell anders abstimmen
würden. Darüber hinaus hätten sich bereits elf SPD-Landesverbände
gegen die Privatisierung ausgesprochen. Das Thema werde auch auf dem
SPD-Parteitag in Hamburg im Oktober eine Rolle spielen. Die Haltung
des SPD-Vorstands zur Privatisierungsfrage sei uneinheitlich. Zur
Einstellung der der Koalitionspartner CDU/CSU sagte Scheer: "Im
Grunde wartet die CDU nur darauf, dass die SPD das Thema beerdigt."
Scheer verteidigte seinen Vorschlag, die Bahn nicht an Investoren
zu verkaufen, sondern stimmrechtslose "Volksaktien" mit fünf Prozent
Garantierendite auszugeben. Mit diesem Vorschlag wolle er eine
"Brücke" bauen für all diejenigen, die die Privatisierung unbedingt
wollten, sagte er stern.de. Den von Bahn-Managern geäußerte Vorwurf,
die Garantierendite setze das Unternehmen wirtschaftlich zu stark
unter Druck, bezeichnete Scheer als "lächerlich": "Die Investoren,
die bei einer Privatisierung zuschlagen würden, würden acht bis
fünfzehn Prozent Rendite erwarten. Der Bahnvorstand muss sich endlich
mal entscheiden, nach welcher Prämisse er argumentieren will."
Am Montag wurde in Berlin ein Gutachten zur Bahnprivatisierung vorgestellt, das die Länder in Auftrag gegeben hatten. Die Verfasser des Gutachtens zweifeln daran, dass die Privatisierung verfassungsgemäß sei. Darüber hinaus kritisieren sie, dass die Bahn nach einer Privatisierung vermutlich Strecken auf dem Land stilllegen und die Gebühren für die Schienennutzung erhöhen würde. Das sei nicht im Interesse der Länder. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) will die Studie am 25. September mit seinen Länderkollegen auf der Verkehrsministerkonferenz in Merseburg diskutieren.
Quelle: Pressemitteilung stern