SPD-Politiker Albig steht Flexibilisierung des Renteneintrittsalters offen gegenüber
Archivmeldung vom 09.01.2012
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer schleswig-holsteinische SPD-Spitzenkandidat, Torsten Albig, hat sich zwar für eine Aussetzung der Rente mit 67 ausgesprochen: Einer Flexibilisierung des Renteneintrittsalters, wie sie Ex-Finanzminister Peer Steinbrück fordert, steht er in einem Interview mit dem "Handelsblatt" aber aufgeschlossen gegenüber.
"Das wird die Weiterentwicklung der Diskussion sein", so Albig. Steinbrücks früherer Sprecher Albig verwies auf den Zusammenhang zwischen der Anhebung der Altersgrenze und der Fähigkeit des Arbeitsmarktes, älteren Menschen Arbeit anzubieten. "Da klafft eine Lücke, die dringend geschlossen werden muss. Sonst handelt es sich nur um ein Rentenkürzungsprogramm", sagte er. "Wir müssen aber in beide Richtungen denken: Was bieten wir Menschen, die länger als vorgesehen arbeiten möchten?" Auf ihrem Parteitag Anfang Dezember hatte die SPD beschlossen, die Anhebung der Altersgrenzen auszusetzen, bis die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. "Es ist richtig, dass wir jetzt die Aussetzung der Rente mit 67 beschlossen haben. Das Gesetz hat genau deshalb ja eine Revisionsklausel", sagte Albig.
Grünen-Chefin Roth kritisiert Vorstoß der SPD
Vor Beginn der Klausurtagung des Grünen-Bundesvorstands in Wörlitz hat Parteichefin Claudia Roth den Vorstoß der Sozialdemokraten kritisiert, die Rente mit 67 auszusetzen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles "liefert alte SPD-Parolen, aber für die Probleme keine Antwort", sagte Roth der Tageszeitung "Die Welt". "Die Rente mit 67 tritt ja gerade erst schrittweise in Kraft. Sie jetzt einfach auszusetzen, wäre doch der falsche Ansatz." Wenn sie funktioniere, könnten damit die Beiträge für Arbeitnehmer niedriger und das Rentenniveau für Menschen im Ruhestand höher gehalten werden. Roth forderte allerdings "flexible Lösungen - etwa nach schwedischem Vorbild". Manche Menschen seien mit 67 "noch so fit und stark, dass man sie weiter arbeiten lassen sollte, für andere muss dafür ein früherer Eintritt in das Rentenalter ohne Abschläge möglich sein". Außerdem sei "eine neue Anerkennungskultur auch in den Betrieben für ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen" erforderlich.
Roth verteidigte zugleich die von ihrer Partei geplanten Steuererhöhungen. "Die Stärkeren müssen mehr dazu beitragen, dass unser Land eine Zukunft hat. Auch sie profitieren ja von einem funktionierenden und sicheren Gemeinwesen", sagte sie. "Daher wollen wir den Spitzensteuersatz anheben und eine Vermögensabgabe einführen." Roth bekräftigte: "Wenn wir einen handlungsfähigen Staat wollen, in dem Bildung zugangsgerecht organisiert wird und Gesundheit oder ein würdiges Leben nicht vom Geldbeutel abhängt, kommen wir um Steuererhöhungen für diejenigen, denen es finanziell sehr gut geht, nicht herum."
Unterstützer Peer Steinbrücks distanzieren sich von seiner Forderung nach Rente mit 67
Der potentielle SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat sich mit seinen jüngsten Äußerungen zur Rente mit 67 offenbar in die Isolation manövriert. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, würden sich selbst seine Unterstützer unter den Parteirechten von seinen Forderungen distanzieren. Steinbrück will entweder an der Rente mit 67 festhalten oder "eine völlige Flexibilisierung des Pensionseintrittsalters" bei gleichzeitiger Erhöhung der durchschnittlichen Lebensarbeitszeit. Menschen, die früh in Ruhestand gehen, müssten dann in der Regel geringere Zahlungen hinnehmen.
"Das Aussetzen der Rente mit 67 wäre richtig", sagt hingegen Garrelt Duin, Chef des konservativen Seeheimer Kreises, der Steinbrück normalerweise wohlgesinnt ist. Duin verweist auf den Beschluss des SPD-Parteitags Anfang Dezember. Demzufolge soll das Gesetz zur Rente mit 67 erst in Kraft treten, wenn die Hälfte aller 60- bis 64- Jährigen einen sozialversicherungspflichtigen Job hat. "Für die künftige Mehrheitsfähigkeit der SPD ist diese Korrektur elementar", so Duin.
Auch der Kieler Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Bartels kritisiert den Vorstoß des Ex-Finanzministers. Die SPD wende "sich ja nicht grundsätzlich von der Rente mit 67 ab", so Bartels. "Peer Steinbrück sollte zufrieden sein, dass die Partei in dieser Frage nicht komplett in die andere Richtung gekippt ist." Bartels hatte sich im vorigen Jahr für Steinbrücks Kandidatur ausgesprochen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur