Sachsen-Anhalt holt bei Einkommen auf - Ministerpräsident will "Fehlentwicklung" wie im Ruhrgebiet vermeiden
Archivmeldung vom 11.10.2018
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.10.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDie ärmsten Städte Deutschlands liegen nicht im Osten, sondern im Westen - jedenfalls was das verfügbare Einkommen angeht. Gelsenkirchen und Duisburg (beide Nordrhein-Westfalen) haben mit 16 203 und 16 881 Euro je Einwohner und Jahr die niedrigsten verfügbaren Einkommen in Deutschland. Auf Platz drei folgt allerdings schon Halle mit 17 218 Euro. Das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung mit Verweis auf Zahlen der Statistikämter der Länder.
Die rote Laterne scheint dauerhaft ins Ruhrgebiet zu gehen: 2008 lag das Einkommen in Halle erstmals über dem in Gelsenkirchen - aber nur um drei Euro. Seitdem geht die Schere auseinander. 2016 hatten die Hallenser rechnerisch im Jahr 1 015 Euro mehr zur Verfügung. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bereitet das auch Sorge: "Mir ist wichtig, dass wir vom Westen lernen und eine Fehlentwicklung wie im Ruhrgebiet verhindern", sagte er der Zeitung. In Nordrhein-Westfalen sei der Strukturwandel "nur sozial abgefedert" worden. "Das hilft individuell den Leuten, aber nicht der Region. Deshalb dränge ich ja so darauf, dass der Strukturwandel hier anders läuft", sagte Haseloff mit Blick auf die Debatte über einen Ausstieg aus der Braunkohle. An der hängen in Sachsen-Anhalt viele gut bezahlte Jobs. Allein die Mibrag beschäftigt im Burgenlandkreis 2 600 Menschen. Aus Umweltschutzgründen wird aktuell der Kohleausstieg diskutiert. "Wir können in Deutschland aus der Kohle aussteigen. Es muss aber auch jeder wissen: Das wird teuer und braucht viel Zeit", so Haseloff. Konkret brauche es soziale Lösungen für direkt Betroffene, "aber eben auch richtigen Ersatz für die Jobs".
"Das Ruhrgebiet hat den Strukturwandel nicht geschafft. Es ist wirtschaftlich schwach und die Arbeitslosenquote ist höher als im Osten", sagte der Ökonom Joachim Ragnitz vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung Dresden der Zeitung. Anders als früher hätten zunehmend Städte im Westen Probleme, "deshalb brauchen wir auch eine andere staatliche Förderkulisse". Die Einkommenszahlen aus 2016 sind die aktuellsten, diese Daten (siehe "Verfügbares Einkommen") der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der Länder wurden erst jetzt veröffentlicht. Das Einkommen der Sachsen-Anhalter ist zwar deutlich gestiegen, von 11 190 Euro im Jahr 1995 auf 18 648 - ein Plus um 66 Prozent. Dennoch bedeutet das im Deutschlandvergleich den vorletzten Platz vor Mecklenburg-Vorpommern. "Der Osten hat aufgeholt, dieser Prozess läuft aber gedämpft", so Ragnitz.
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung (ots)