Gutachten: Gesetzentwurf zur Einführung einer "Personenkennziffer" verfassungswidrig
Archivmeldung vom 07.12.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer neue Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Registermodernisierung ist verfassungswidrig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Das Bundesinnenministerium will es behördenübergreifend ermöglichen, dass die persönliche Steueridentifikationsnummer künftig auch als Personenkennziffer genutzt werden kann.
Der vorliegende Gesetzesentwurf sollte aus technischen und rechtlichen Gründen abgelehnt werden, urteilen die Gutachter Prof. Dr. Christoph Sorge (Universität des Saarlandes), Prof. Dr. Jörn von Lucke (Zeppelin Universität Friedrichshafen) und Prof. Dr. Indra Spiecker (Goethe-Universität Frankfurt).
"Alleine die Möglichkeiten, die dadurch entstehen, innerhalb von Minuten mit einem handelsüblichen Laptop die Daten von mehr als 83 Millionen Bürgern und Steuerpflichtigen schon jetzt aus 57 Registern verknüpfen und dann mit gezielten Anfragen auswerten zu können, sind nicht mehr überschaubar, geschweige denn vorhersehbar, und können kaum gerechtfertigt werden", stellen die Gutachter fest.
"Mit dem neuen Gesetzentwurf bewegt sich die Bundesregierung rechtlich auf sehr dünnem Eis", kommentiert Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Naumann-Stiftung und Bundesjustizministerin a.D. den Gesetzentwurf. "Er ist verfassungsrechtlich nicht haltbar und wird vor Gericht wohl keinen Bestand haben", so Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Gutachter schlagen alternative Lösungen zur Registermodernisierung vor, mit denen die Risiken für die Datenverknüpfung und die IT-Sicherheit reduziert werden. Andernfalls besteht die "große Wahrscheinlichkeit", dass das Gesetz durch das Bundesverfassungsgericht "für nichtig erklärt" wird, so die Gutachter.
Quelle: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (ots)