Sodann nennt Köhler scheinheilig
Archivmeldung vom 17.03.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Bundespräsidentschaftskandidat der Linkspartei, Peter Sodann, übt scharfe Kritik an Amtsinhaber Horst Köhler und dessen Ankündigung, sich in der Berliner Rede am 24. März zur Wirtschaftsmisere zu äußern. "Das ist scheinheilig. Er hätte schon längst etwas sagen müssen, schon als er sein Amt angetreten ist", sagte Sodann den Stuttgarter Nachrichten (Mittwoch).
"Horst Köhler ist der Finanzexperte, er war Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und beim IWF. Er hätte erst Kanzler Schröder und später Kanzlerin Merkel darauf aufmerksam machen müssen, dass hier etwas gehörig schief läuft und verheerend auf uns zukommt. Wenn niemand etwas wusste - er hätte es wissen müssen; oder er hat seine Ämter verschlafen."
Der 72-Jährige Kabarettist und Schauspieler Sodann bewirbt sich neben Gesine Schwan (SPD) um das höchste Staatsamt. Die Wahl findet am 23. Mai statt. Am Dienstag hatte Köhler bekannt gegeben, sich in der traditionellen Berliner Rede zur weltweiten Wirtschaftskrise zu äußern. Sodann verteidigt in diesem Zusammenhang seine Polemik gegen den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann: "Es ist doch nicht zu verstehen, dass Bundespräsident Köhler Beifall bekommt, wenn er die Banker Monster nennt, die sich läutern müssten, während ich Dresche beziehe, wenn ich sage, man könnte auch Herrn Ackermann einsperren. Wenn US-Vizepräsident Joe Biden sagt, verantwortungslose Manager gehören in den Knast, ist das noch viel härter."
Sodann beteuert, er nehme seine Kandidatur und die Politik sehr ernst. Dass er zuletzt als Klamauk-Kandidat tituliert wurde, weist er von sich. "Den Klamauk-Kandidaten haben andere aus mir machen wollen, die mich missverstanden haben. Ich sag anderen meine Meinung gern mit einem heiteren Unterton, damit lässt sich besser streiten. Aber das macht mich nicht zum Klamauk-Kandidaten. Wenn das im politischen Berlin falsch ankommt, ist das nicht mein Problem."
Auch Horst Köhler sollte mehr sein als nur ein Diener der Regierung.
Zugleich verteidigt er den Sozialismus als gesellschaftliche Alternative zur sozialen Marktwirtschaft: "Mir ist es gleich, wie wir es nennen, um mehr Gerechtigkeit zu bekommen und die Menschen gebildet und kulturvoll zu erziehen. Der Sozialismus ist genauso ein Experiment wie in der Physik oder in der Chemie. Dass es ein paar Mal schief gegangen ist, heißt doch nicht, dass es nicht besser, durchdachter und ausgefeilter geht."
Quelle: Stuttgarter Nachrichten