Appell an die neue Bundesregierung: Tierschutz raus aus dem Landwirtschaftsministerium und bundesweites Tierschutz-Verbandsklagerecht einführen!
Archivmeldung vom 03.11.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDem Agrarministerium die Zuständigkeit für den Tierschutz entziehen und ein bundesweites Tierschutz-Verbandsklagerecht einführen - das fordert die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Die Parteien, die derzeit einen gemeinsamen Koalitionsvertrag aushandeln, haben als nächste Bundesregierung die historische Chance, den Tierschutz zu stärken, so die Stiftung.
Die Petition mit den Forderungen unterzeichneten innerhalb von 24 Stunden bereits 10.000 Menschen. Kastenstände, Qualzüchtungen oder tagelange Tiertransporte: Obwohl viele Missstände hinreichend bekannt sind, tut sich in Sachen Tierschutz in Deutschland oft erstaunlich wenig. Zwei Gründe, warum das Staatsziel Tierschutz in Deutschland oft so vernachlässigt wird, sieht die Albert Schweitzer Stiftung in der Dauerzuständigkeit des Landwirtschaftsministeriums für den Tierschutz und im Fehlen eines bundesweiten Tierschutz-Verbandsklagerechts.
Tierschutz im BMEL: institutionalisierter Interessenkonflikt
Im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) haben diejenigen, die Tiere vor allem (be)nutzen möchten, eine große Lobby. Tierschutz ist dabei eher hinderlich. Die meisten Bundesminister:innen kamen selbst aus der Landwirtschaft, ebenso viele Mitglieder des zuständigen Bundestagsausschusses. Das Referat 321 (Tierschutz) steht im Ministerium seit vielen Jahren allein neben 86 anderen Referaten, die fast alle dem Tierschutz entgegengesetzte Interessen verfolgen. Der Deutsche Ethikrat kritisiert die Zuständigkeit des BMEL für den Tierschutz entsprechend als "institutionalisierten Interessenkonflikt". Besser geeignet wäre nach Ansicht der Albert Schweitzer Stiftung das Bundesministerium für Umwelt (BMU) oder ein eventuelles Klimaschutzministerium.
Tierschutzrecht in Deutschland: Vollzugsdefizit und Opfer ohne Stimme
Das Tierschutz-Verbandsklagerecht gibt es in Deutschland derzeit nur in einigen Bundesländern. Es ermöglicht anerkannten Tierschutzorganisationen, die Einhaltung der Tierschutzgesetze im Namen der Tiere einzuklagen. Dass Tierschutzregelungen in der deutschen Landwirtschaft nicht ausreichend umgesetzt werden, ist hinlänglich bekannt. Amtsveterinär:innen, die diese die Einhaltung überwachen sollen, haben jedoch wenig Macht oder befinden sich ebenfalls in Interessenkonflikten. Das bundesweite Verbandsklagerecht eröffnet nicht nur die Chance, Tierschutzverstöße als solche anzuklagen, sondern auch die Untätigkeit der Veterinärbehörden.
Historische Chance, den Tierschutz zu stärken
SPD, Grüne und FDP, so sie sich auf einen Koalitionsvertrag einigen, stellen jetzt die Weichen für die nächsten vier Jahre und darüber hinaus. Die Albert Schweitzer Stiftung appelliert daher an die Parteien, ihre Tierschutzversprechen einzuhalten: Das bundesweite Tierschutz-Verbandsklagerecht ist bereits eine Forderung der Grünen. Von dieser dürfe die Partei jetzt nicht abweichen. Die SPD ließ in ihrem Wahlprogramm verlauten, dass Tierleid nicht mit wirtschaftlichen Interessen zu rechtfertigen sei - ein Credo, das sich mit der Zuständigkeit des Agrarindustrie-Ministeriums für den Tierschutz kaum vereinen lässt, wie die vergangenen Jahre gezeigt haben. Die FDP fordert häufigere Tierschutz-Kontrollen. Ohne die Durchsetzung der Tierschutzgesetze, auch durch den Druck eines Verbandsklagerechts, sind diese jedoch wenig wert.
Quelle: Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt (ots)