Falter hält dauerhaften Amts-Verbleib zu Guttenbergs für unwahrscheinlich
Archivmeldung vom 28.02.2011
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Mainzer Politikwissenschaftler Jürgen Falter hält einen dauerhaften Verbleib von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Amt des Verteidigungsministers für unwahrscheinlich. "Er wird sicher gehalten werden, bis die Wahlen Ende März in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vorbei sind. Alles andere wäre das falsche Signal für große Teile der Unions-Anhängerschaft", sagte Falter der "Saarbrücker Zeitung".
Wenn die Universität Bayreuth jedoch zu dem Ergebnis komme, dass Guttenberg mit Vorsatz fremdes Gedankengut ohne Kenntlichmachung zusammen getragen habe, "dann wird es eng für ihn", erläuterte Falter.
"Entscheidend ist, was Angela Merkel will." Das Kalkül der Bundeskanzlerin scheine zu sein, "die Sache auszusitzen, und wenn es am Ende doch so kommen sollte, dass Guttenberg der Union mehr schadet als nützt, ihn als Minister fallen zu lassen", meinte Falter.
Staatsrechtler nennt Merkel-Äußerung Missachtung der Wissenschaft
Der Staatsrechtsprofessor Ulrich Battis hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer jüngsten Äußerungen zur Aberkennung des Doktortitels von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) scharf kritisiert. "Die Aussagen der Kanzlerin sind unglaublich", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Denn damit stellt sie die Verantwortlichkeiten auf den Kopf. Das ist Missachtung von Wissenschaft." Nicht die Politik gebe bei der Aberkennung eines Doktortitels die Linie vor, sondern die zuständige Universität. Dass Guttenberg für seine Dissertation die Note "summa cum laude" erhielt, nannte Battis "eine Riesenblamage" für die Hochschule. Merkel hatte gesagt, die Entscheidung der Universität Bayreuth, Guttenberg den Doktortitel abzuerkennen, liege "auf der Linie dessen, was der Verteidigungsminister vorgegeben hat". Battis ist Vorsitzender der Promotionskommission der Juristischen Fakultät der Berliner Humboldt-Universität und hat unter anderem den Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht vertreten.
Lammert: "Ein Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie"
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich erneut kritisch zur Plagiatsaffäre von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geäußert. Dies berichtet die in Halle erscheinende "Mitteldeutsche Zeitung". Vor Mitgliedern der rund 20-köpfigen "Arbeitsgruppe Demokratie" der SPD-Bundestagsfraktion sagte Lammert Teilnehmern zufolge am vorigen Freitagmorgen, die Affäre und ihre Begleitumstände seien "ein Sargnagel für das Vertrauen in unsere Demokratie". Der Parlamentspräsident kritisierte überdies, dass es den Bundestagsabgeordneten in der Fragestunde am Mittwoch nicht gelungen sei, dem Minister konkrete Fragen zu stellen. Statt eigene Statements abzugeben, hätten sie Guttenberg fragen sollen, wie viele Fehler er denn selbst in der Arbeit entdeckt habe. Lammert hatte bereits zuvor zweimal Kritik an dem CSU-Politiker geübt. So hatte er die Tatsache, dass Guttenberg sechs Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages widerrechtlich für seine Dissertation genutzt hatte, während dieser selbst nur von vier Gutachten wissen wollte, "deprimierend eindeutig" genannt. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, erklärte der "Mitteldeutschen Zeitung" unterdessen: "Ein Verteidigungsminister, der als Betrüger und Täuscher bezeichnet werden darf, der sollte der Bundeswehr einen Gefallen tun und zurücktreten." SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte dem Blatt: "Die Frage lautet, ob der Minister noch satisfaktionsfähig ist."
Quelle: Saarbrücker Zeitung / Kölner Stadt-Anzeiger / Mitteldeutsche Zeitung