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Parteienforscher: Projet-Regierung in Thüringen ausprobieren

Archivmeldung vom 10.01.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.01.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Pakt Die Linke CDU (Symbolbild)
Pakt Die Linke CDU (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Angesichts einer fehlenden Regierungsmehrheit nach der Landtagswahl in Thüringen wird der Ruf immer lauter, neue Formate der Macht auszuprobieren - einschließlich einer Zusammenarbeit von CDU und Linken. "Den Parteien bleibt gar nichts anders übrig, als im Falle von Minderheitskabinetten flexibler zu werden", sagte der Parteienforscher Jürgen W. Falter (Uni Mainz) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).

Der thüringische CDU-Landesvorsitzende Mike Mohring hatte sich zuvor offen gezeigt, mit den Linken über eine sogenannte Projekt-Regierung in Erfurt zu sprechen. Falter betonte, er sehe in Thüringen keine unüberwindbaren Hürden für die CDU, denn Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sei ein Pragmatiker und im Grunde eher ein linker Sozialdemokrat. "Mit ihm punktuell zusammenzuarbeiten sollte für die CDU nicht allzu schwer sein - speziell dann, wenn es um die Realisierung konkreter, der CDU am Herzen liegender Projekte geht."

Falter empfahl: "Man sollte die jetzt diskutierte Projekt-Regierung in Thüringen gut durchdenken und, falls man zu einer inhaltlichen Einigung kommt, auch ausprobieren." Ein Exportmodell werde sie allerdings sicher nicht werden. "Denn in anderen Bundesländern ist die Linke deutlich linker und sind die Christdemokraten deutlich konservativer als das für diese Parteien in Thüringen gilt."

Ähnlich äußerte sich auch der renommierte Parteienexperte Karl-Rudolf Korte (Universität Duisburg-Essen). Er sagte auf Anfrage der NOZ: "Neue Formate der Macht bieten Auswege aus der Patt-Republik. Das können - wie in Österreich - Koalitionen der gelebten und vereinbarten Differenz ebenso sein wie Minderheitsregierungen, die ad hoc und punktuell projektbezogen Mehrheiten erarbeiten." Das belebe den Parlamentarismus und stärke das Politikmanagement jedes einzelnen Abgeordneten. Korte betonte zugleich: "Durch AfD kontaminierte Mehrheiten sind transparent sicher ausschließbar."

Die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow hatte die Landtagswahl Ende Oktober gewonnen, ihr Bündnis mit SPD und Grünen verlor jedoch seine Mehrheit. Auch die CDU, die nach starken Verlusten hinter der AfD auf Platz drei landete, hat mangels Partnern keine Mehrheit. Eine förmliche Koalition mit der Linken hat sie ebenso wie ein Bündnis mit der AfD ausgeschlossen. Mohring betont nun aber, er halte den Vorschlag einer Projekt-Regierung von CDU und Linkspartei für "diskussionswürdig". Auch Ramelow ist nach Darstellung der Staatskanzlei in Erfurt grundsätzlich gesprächsbereit. Als Vermittler ist Altbundespräsident Joachim Gauck im Gespräch.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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