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Kritik am Turboverfahren

Archivmeldung vom 04.03.2009

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.03.2009 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Das überraschende Schnellverfahren gegen Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus wegen fahrlässiger Tötung einer Skifahrerin, das bereits nach einem Verhandlungstag ein Urteil erzielte, ist bei Politikern und Juristen auf herbe Kritik gestoßen.

Das schnelle Verfahren gegen den Thüringer Ministerpräsidenten Dieter Althaus hat für Verwunderung bei einigen Politikern gesorgt. «Das ist atypisch schnell - was immer man daraus schlussfolgert», wird der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Gehb, in der in Halle erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung zitiert.

«Das geht sicherlich ins Guiness-Buch der Rekorde ein. So lange dauern bei uns in Deutschland die Zustellungsfristen. Das wundert mich ein bisschen. Aber nun ist es vorbei. Das ist doch gut», erklärte Gehb. Der Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Andreas Schmidt (CDU), zeigte sich von dem Tempo ebenfalls überrascht. Jedoch sagte er der Zeitung zufolge, Österreich sei wie Deutschland ein Rechtsstaat. «Insofern kann man da großes Vertrauen haben.»

Auch der Spitzenkandidat der Linken bei der Thüringer Landtagswahl, Bodo Ramelow, äußerte sich erstaunt über das schnelle Verfahren gegen Althaus. «Ich bin befremdet über die Art des Gerichtsverfahrens. Ich wusste nicht, dass es in der österreichischen Justiz Turboverfahren gibt. Das macht mich sprachlos», sagte er dem Hamburger Abendblatt zufolge. Er frage sich, ob die Justiz bei den normalen Bürgern in Österreich genauso gehandelt hätte wie bei Althaus. «Diese seltsamen Verfahrensumstände kann ich aber nicht Dieter Althaus anlasten», betonte Ramelow.

Der Sprecher der österreichischen Strafverteidiger, Richard Soyer, sprach in der Süddeutschen Zeitung von einer «in Österreich keineswegs üblichen Vorgangsweise». Es sei eine Verfahrensbestimmung angewendet worden, die für ganz andere Fälle geschaffen worden sei, sagte der Rechtsanwalt und Professor. Das Vorgehen sei zwar nicht rechtswidrig, «aber dem Ansehen der Justiz in Österreich eher abträglich».

Ein Gericht im österreichischen Irdning hatte Althaus in einer überraschend angesetzten Verhandlung in Abwesenheit zur Zahlung von 33 000 Euro (180 Tagessätzen) verurteilt. Außerdem muss er 5000 Euro Schmerzensgeld an den Ehemann der 41-jährigen Beata Christandl zahlen, die bei dem Zusammenstoß auf der Piste am Neujahrstag starb. Althaus akzeptierte nach Angaben der Erfurter Staatskanzlei die Entscheidung des Gerichts. Diese ist aber noch nicht rechtskräftig ist, weil sie der Staatsanwalt noch nicht angenommen hat.

Soyer sagte, Gerechtigkeit habe sichtbar zu sein und man dürfe nicht den Eindruck gewinnen, es werde blitzschnell in geheimen Kammern verhandelt. Es sei am Vormittag ein Verhandlungstermin für den Nachmittag anberaumt worden, während üblicherweise Wochen dazwischenlägen.

Nach österreichischem Recht gilt Althaus nach dem Urteil als vorbestraft. Allerdings ist seine Auskunftspflicht darüber eingeschränkt. «Das heißt, Althaus ist nicht verpflichtet, diese Verurteilungen anzugeben und kann sich als nicht vorbestraft bezeichnen», sagte Soyer. Nach deutschem Recht ist Althaus laut Süddeutscher Zeitung nicht vorbestraft. In das Bundeszentralregister werden demnach nur deutsche Verurteilungen eingetragen.

Die Anklage gegen Althaus war erst am Montag bekanntgeworden, nachdem dieser zuvor in einer schriftlichen Erklärung die Verantwortung für sein Handeln übernommen hatte. Sein Anwalt hatte daraufhin ein schnelles Verfahren eingefordert. Der CDU-Politiker hatte bei dem Unfall in der Obersteiermark schwere Kopfverletzungen erlitten und wird derzeit in einer Klinik am Bodensee behandelt. Laut Gutachten war Althaus an einer Kreuzung zweier Pisten ein Stück bergauf gefahren und so mit der ihm entgegenkommenden Frau zusammengestoßen. Die Staatsanwaltschaft ging deshalb von einem Bruch der für die Pisten geltenden Verhaltensregeln des internationalen Skiverbandes FIS aus.

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