Oskar Lafontaine: Deutschland gefährdet die Europäische Währungsunion
Archivmeldung vom 02.01.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFinanzminister Steinbrück hebt in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hervor, dass in der Euro-Zone die wirtschaftlichen Gesamtzusammenhänge stärker beachtet werden müssen. Er wirbt dafür, beim Stabilitätspakt neben den Haushaltsdefiziten auch die Leistungsbilanzsalden und die Inflationsraten der Euro-Staaten zu berücksichtigen.
Er stellt in
diesem Zusammenhang fest, "dass Deutschland mit seinem hohen
Leistungsbilanzüberschuss in den letzten zwölf Monaten den
Euro-Defizit-Partnern bei ihrer Kreditsuche erheblich geholfen hat.
Denn finanziell gesehen ist ein Leistungsbilanzüberschuss eine
Kreditgewährung des exportierenden an das importierende Land." Der
Finanzminister fügt hinzu: "Dafür haben wir keine Anerkennung
erfahren. Diese Zusammenhänge müssen wir in den zuständigen Gremien
auf der EU-Ebene stärker zur Geltung bringen."
"Diese Beurteilung der Leistungsbilanzsalden stellt die
wirtschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf", erklärt der Vorsitzende
der Fraktion DIE LINKE., Oskar Lafontaine. "Deutschland zwingt mit
seiner einseitig exportorientierten Wirtschaftspolitik die anderen
Staaten, die im Gegensatz zu Deutschland auch ihre Binnenwirtschaft
im Blick haben, dazu, ´Kredite´ aufzunehmen, um die aus diesen
unterschiedlichen Wirtschaftspolitiken resultierenden
Leistungsbilanzdefizite zu finanzieren."
Wenn Deutschland den Ländern mit Leistungsbilanzdefiziten wirklich
helfen wolle, so Lafontaine weiter, müsste es seine Binnenwirtschaft
- vor allem durch die Rückkehr zu einer produktivitätsorientierten
Lohnpolitik bzw. eine Abkehr vom vorherrschenden Lohndumping - in
Schwung bringen. Dann würden sich auch die Leistungsbilanzsalden der
Defizitländer - und der Kreditbedarf, diese zu finanzieren -
verringern, da jene Länder dann auch verstärkt nach Deutschland
exportieren könnten. Dieser Zusammenhang gelte im Übrigen nicht nur
für die Euro-Zone, sie gelte auch für die Weltwirtschaft insgesamt:
Deutschland verursache mit seiner einseitig exportorientierten
Wirtschaftspolitik massive außenwirtschaftliche Ungleichgewichte und
weigere sich damit, weltwirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen.
Mit seiner jetzigen Politik des Lohn-Dumping, so Lafontaine,
gefährde Deutschland auch den Zusammenhalt der Europäischen
Währungsunion. Da in der Währungsunion die deutsche Währung nicht
mehr aufwerten könne, gehe das von Deutschland betriebene Lohndumping
voll zu Lasten der Partnerländer, die ihrerseits, im Gegensatz zu
früher, ihre Währung nicht mehr abwerten könnten.
Quelle: Pressemitteilung DIE LINKE.